Spirituelle Landvermessung
Gibt es Geheimnisvolleres als die Klarheit?“Entlang dieser These entwickelte Werner Berg (1904–1981), besessen von der Suche nach einer einfachen klaren Bildsprache – korrespondierend zum einfachen, ehrlichen Leben –, eine originäre Handschrift, die oft spröder, fragiler anmutet als die anderer Künstler. Vom unmittelbaren Erleben seiner Umgebung geprägt, muten seine in einem fast monochromen Farbton aufgetragenen, scharf begrenzten Flächen durch outriert plakative Eindeutigkeit geradezu wie eine frühe Vorwegnahme der Pop-Art und Comic-Kultur an. Seine selbsterwählte, kompromisslose Isolation in der Einöde des Kärntner Rutarhofes spiegelt sich in intensiver Flächigkeit. Die Emotionalität bäuerlicher Trivialkultur, sakraler Kunst führte zu seiner Bildsprache. Berg, befreundet und zerstritten mit Nolde, Dix, Kolig, Boeckl, Kokoschka und Lassnig, konzentrierte sich auf das Wesentliche; sozial und künstlerisch. Volksverbundenheit resultierte auch in der Perfektion des Holzschnitts. Des Eigenwilligen OEuvre erfuhr durch die in China heftig akklamierte Ausstellung Austrian Art 1860–1960 und die 2013 in Peking gezeigte Personale neue Wertschätzung. Harald Scheicher, Direktor des Berg-Museums in Bleiburg, zeigt nun eindrucksvoll Einflüsse sakraler und bäuerlicher Kunst. Grafiker Gerhard Messner fusioniert in der Publikation Wege durchs Land genial Altes, Neues, Bild, Text, Typografien, Leere und Dichte des Ausgewählten: Perchtenmasken, Hinterglasbilder, Bienenbrettchen, religiöse Gemälde, Werke sakraler Plastik der Alpen direkt im Dialog mit den davon inspirierten Werken. In der Beschäftigung mit dem Elementaren des Daseins erfuhr Berg wesentlich spirituelle Inspiration durch das Christentum und seine friedvollen Grundprinzipien des Miteinanders. Allerdings: „Das Ungeheure begreift nie der Sichere.“Gregor Auenhammer
Harald Scheicher, „Wege durchs Land. Werner Berg und die Volkskunst“. € 39,90 / 240 Seiten. Hirmer-Verlag, München 2015