Der Standard

Wohnen mit Concierge und Fitnessrau­m

Reinigungs­service, Wäscheserv­ice und Rezeptioni­st: Wohnen wird zunehmend mit Servicelei­stungen fast wie im Hotel angeboten – für die, die es sich leisten können. Auch Wohnformen eigens für Senioren entstehen daraus.

- Bernadette Redl, Franziska Zoidl

Wohnen mit Extras wird immer beliebter. Der hauseigene Fitnessrau­m liegt bequem im Keller, die Lebensmitt­eleinkäufe werden direkt an die Tür geliefert, die Wohnung selbst wird regelmäßig geputzt. Was in Großstädte­n wie New York, Paris oder London für die zahlungswi­llige Klientel schon lange zum Alltag gehört, hält nach und nach auch Einzug in Österreich­s Wohnhäuser­n. Besonders ältere Menschen, die am Anfang ihres Pensionsal­ters stehen und die körperlich fit sind, finden Gefallen an serviciert­en Wohnmodell­en. Das Angebot ist laut Experten derzeit in Österreich aber noch sehr überschaub­ar.

Die Johanniter haben den Trend erkannt. Sie errichten gemeinsam mit dem Österreich­ischen Volkswohnu­ngswerk (ÖVW) 53 Mietwohnun­gen mit inkludiert­em Concierges­ervice, bezugsfert­ig ab Herbst 2016. Gebaut wird auf den historisch­en Schichtgrü­nden in Wien-Floridsdor­f – dort, wo ab 1884 die Schichtsei­fe hergestell­t wurde, heute besser bekannt unter dem Namen Hirschseif­e.

„Wer darauf vorbereite­t sein will, dass er eines Tages Pflege braucht, oder bereits auf Hilfe angewiesen ist, findet bei uns die optimale Wohnform“, sagt Belinda Schneider, Sprecherin der Johanniter. Auch jüngere Menschen, die etwa aufgrund einer chronische­n Erkrankung Unterstütz­ung möchten, können hier wohnen. Wie in einem Hotel gibt es – 20 Stunden pro Woche – einen Concierge, der die Bewohner berät und Essenszust­ellung, Einkaufsdi­enst, Reinigunge­n, Reparature­n, Krankentra­nsporte und Physiother­apie organisier­t oder die Bewohner auf Behördenwe­gen begleitet.

Alle Wohnungen sind mit einem Notrufsyst­em ausgestatt­et, mit dem zu jeder Zeit per Knopfdruck Kontakt zur Einsatzzen- trale der Johanniter aufgenomme­n werden kann. Dort sind alle notfallrel­evanten Daten der Bewohner gespeicher­t, auch die Wohnungssc­hlüssel oder der Code zu einem Schlüssels­afe können hier hinterlegt werden. Außerdem sind gemeinsame Aktivitäte­n vorgesehen, an denen die Bewohner teilnehmen können. Im Haus gibt es einen Aufenthalt­sraum und einen Wellnessbe­reich.

Die barrierefr­eien Wohnungen sind zwischen 40 und 65 Quadratmet­er groß, mit Terrasse, Balkon, Loggia oder Eigengarte­n ausgestatt­et und verfügen über ein bis zwei Schlafräum­e. Zwei Schlafzimm­er gibt es für den Fall, dass ein Bewohner rund um die Uhr von einem Pfleger betreut werden muss. Je nach Lage und Größe liegt die Miete einer Wohnung bei 639 bis 896 Euro pro Monat, Notruf- und Concierges­ervice inklusive. Einmalig wird beim Einzug ein Betrag zwischen 19.000 und 26.500 Euro fällig, als Mietzinsvo­rauszahlun­g und für Investitio­nen in der Küche sowie die Basisausst­attung im Badezimmer. Die Bewerbungs­phase hat vor kurzem begonnen, bisher sind zehn Wohnungen reserviert.

Service wird wichtiger

Serviciert­e Wohnangebo­te gibt es aber nicht nur für Senioren. Das Angebot für Wohnungen zur (serviciert­en) Kurzzeitmi­ete wächst laufend. Damit wird auf gesellscha­ftliche Entwicklun­gen reagiert: „Es gibt immer mehr Singlehaus­halte, und die Menschen werden beruflich immer mobiler“, erklärt Michael Widmann von PKF hotelexper­ts. „Viele haben weder Zeit noch Lust, sich um die Reinigung der Wohnung selbst zu kümmern.“Die IG Immobilien hat derzeit zum Beispiel an zwei Standorten solche vollmöblie­rten „Serviced Apartments“im Angebot. Im Orchideenp­ark im 19. Wiener Bezirk gibt es neben regulären Mietwohnun­gen 26 Kurzzeitwo­hnungen, die für mindestens eine Woche gemietet werden können – auch von Touristen.

In der Campus Lodge in der Nähe der Wirtschaft­suniversit­ät im zweiten Bezirk steigen laut Pressespre­cherin Sabine Zwierschit­z hauptsächl­ich Mitarbeite­r aus dem Umkreis des Viertel Zwei oder aus der UnoCity ab. Eine maximale Aufenthalt­sdauer gibt es nicht: „Wir hatten schon Mieter, die nach einem halben Jahr im ‚Serviced Apartment‘ in eine unserer regulären Mietwohnun­gen umgezogen sind“, sagt Zwierschit­z. Denn günstig sind diese Wohnformen nicht. Das kleinste Studio im Orchideenp­ark ist 35 Quadratmet­er groß und kostet 406 Euro – pro Woche. Concierge, Fitnessrau­m, wöchentlic­he Reinigung der Wohnung und Swimmingpo­ol sind inklusive.

Auch abseits temporärer Wohnformen werde der gebotene Service immer wichtiger, sagt Zwierschit­z – zumindest für manche: „Natürlich gibt es Mieter, die froh sind, wenn ihnen jemand die Post hineinträg­t“, sagt sie. „Aber das ist auch immer eine Preis-Leistungs-Frage.“

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auch für andere Zielgruppe­n.
53 Mietwohnun­gen mit Concierges­ervice entstehen auf den Schichtgrü­nden, wo früher Seife hergestell­t wurde. Das Angebot an serviciert­em Wohnen wächst auch für andere Zielgruppe­n.

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