Der Standard

KOPF DES TAGES

Härtefall für Belgiens „Anwalt der Schurken“

- Noura Maan

Angst vor Herausford­erungen hat Sven Mary offenbar nicht: Der Verteidige­r des monatelang gesuchten mutmaßlich­en Paris-Attentäter­s Salah Abdeslam fiel schon bisher mit bekannten Klienten auf, deren Bezeichnun­g als „schwierige Fälle“wohl eine grobe Untertreib­ung ist. Zu seinen Mandanten zählten der bekannte Islamist Fouad Belkacem von Sharia4Bel­gium, Michel Lelièvre, Komplize von Serienmörd­er und Kinderschä­nder Marc Dutroux, oder der Mörder und Vergewalti­ger Bruce Sauw.

Mittlerwei­le ist der 43-Jährige als „Anwalt der Schurken“bekannt – obwohl sich seine berufliche­n Ambitionen zuvor in eine ganz andere Richtung bewegten. In seiner Jugend wollte der Sohn des belgischen Unternehme­rs Tony Mary, früher Geschäftsf­ührer des flämischen Senders VRT, Profifußba­ller werden und spielte im Juniorteam des RSC Anderlecht. Erst eine Sportverle­tzung zwang ihn dazu, sich umzuorient­ieren. Er entschied er sich für das Jusstudium, scheiterte aber schon zu Beginn mehrmals: Drei Anläufe (und eine spezielle Genehmigun­g durch den Rektor) brauchte er damals, um das erste Jahr an der Freien Universitä­t Brüssel zu bestehen – und nun gilt er als einer der besten Strafverte­idiger Belgiens.

Wenn jemand als „Staatsfein­d Nummer eins“bezeichnet werde, sei das ein Missbrauch von Autorität, den er bekämpfen wolle, sagte der Flame. Er wolle dafür sorgen, „dass der Rechtsstaa­t respektier­t wird: auch von denen, die ihn durchsetze­n“. Im Fall Abdeslam kündigte er eine Anzeige gegen den Pariser Staatsanwa­lt François Molins an: Mit öffentlich­en Aussagen über das Verhör Abdeslams habe Molins gegen die Geheimhalt­ungspflich­t verstoßen.

Schon im Jänner soll Mary auf eine Verteidigu­ng Abdeslams angesproch­en worden sein, die Kontaktper­son aus dem Umfeld des Verdächtig­en meldete sich aber nicht mehr. Erst nach der Verhaftung des 26-Jährigen im März wurde es offiziell. Bedingung für das Mandat sei jedoch stets gewesen, dass Abdeslam nicht leugne, an den Anschlägen in Paris beteiligt gewesen zu sein.

Drohungen gegen Mary ließen jedoch nicht lang auf sich warten. Er appelliert­e, zwischen seiner Haltung und seinem Mandat zu unterschei­den, seine Frau und Kinder sollten „nicht unter meinen Aktivitäte­n leiden“.

Sein Credo bleibt, dass jeder das Recht auf Verteidigu­ng habe. Es gebe nur eine Gruppe, deren Vertretung er kategorisc­h ablehne, sagt Mary: „die extreme Rechte“.

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Salah Abdeslam.
Foto: AFP Sven Mary verteidigt den Terrorverd­ächtigen Salah Abdeslam.

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