Die Suche nach dem Bad in der Menge und dem Käse
Wer Bundespräsident werden will, muss sich auch unters Volk mischen. Alexander Van der Bellen tat dies bei der Frühlingsausstellung der Dornbirner Messe. Der Herr Professor wurde wohlwollend aufgenommen. Politisiert wurde nicht, aber viel fotografiert.
Was zieht Alexander Van der Bellen, den man nicht unbedingt das Bad in der Menge zutraut, ausgerechnet auf eine Messe mit Volksfestcharakter? „Wenn man viele Leute sehen will und von vielen gesehen werden möchte, dann muss man auf die Dornbirner Messe gehen“, sagt der unabhängige Präsidentschaftskandidat mit Grünen-Vergangenheit und geht taper durch die Messehallen.
Van der Bellen staunt über die Inszenierung der Messeeröffnung. Auf dem Podium diskutieren ein Fußballfunktionär, der Präsident der Industriellenvereinigung, ein Hotelier und ein Journalist über die Flüchtlingspolitik. „Es ist absolut ungewöhnlich, bei der Eröffnung einer Messe so ein Thema zu wählen“, sagt der Kandidat. Die Diskussion, alle Teilnehmer sprachen sich für Integration und geregelten Zuzug aus, habe ihn „sehr beeindruckt“. Nach der Diskussion sucht Fußballfunktionär Christian Fiel, der mit seinem FC Tosters ein Projekt zur Integration von Flüchtlingen gestartet hat, das Gespräch mit Van der Bellen. Fiel bedauert, dass der Enthusiasmus der Freiwilligen nachlasse. Van der Bellen hört zu, nickt, bedauert ebenfalls. Man schüttelt sich die Hände, wünscht sich gegenseitig alles Gute.
Gregor Hoch, Hotelier aus Lech, lässt sich mit Van der Bellen fotografieren. Hat er nun mit dem künftigen Präsidenten geredet? „Nein mit meinem früheren Professor.“Hoch, ebenfalls aktiv in der Flüchtlingsbetreuung, schätzt Van der Bellen als „kantigen Politiker“. Große Erwartungen an den Bundespräsidenten hat er nicht, „das liegt aber daran, dass der Präsident nur sehr eingeschränkte Möglichkeiten hat“.
Der Tross des Professors zieht weiter. Beherzten Schrittes geht der Kandidat mit Harald Walser, Grünen-Abgeordneter, an den Messeständen vorbei. Sie scheinen ein Ziel vor Augen zu haben. „Stimmt“, sagt Walser, „wir suchen einen Käsestand.“Zweites Motiv für den Messebesuch sei der Vorarlberger Bergkäse, scherzt Van der Bellen. „Ich muss unbedingt einen kaufen.“
Aus dem Kaufen wird nichts, die Käsverkäuferin lässt es sich nicht nehmen, die Herren Politiker zu beschenken. „Wir hätten eh gern bezahlt, was soll man machen?“, sagt Van der Bellen, von einem ORF-Journalisten auf Compliance angesprochen.
Immer wieder muss der Politiker für Fotos posieren. Gar nicht lästig sei im das, beteuert er. Warum wollen die Leute Fotos? Ein junges Paar lacht: „Ein Freund von uns ist bei den Jungen Grünen, der kennt den Van der Bellen aber gar nicht. Jetzt werden wir ihm das Foto unter die Nase reiben.“Ein ÖBB-Pensionist will ein Selfie „weil wir was gemeinsam haben, wir waren beide bei der SPÖ“. Und ein älterer Herr wähnt sich schon neben dem neuen Präsidenten.
Laut Umfragen hat Van der Bellen die besten Chancen, in die Stichwahl zu kommen. Am Mittwoch erhielt er bei einer Probe- wahl von Jugendlichen 41 Prozent der Stimmen. Er relativiert: „Die Jungen sind mein Publikum. Kein Wunder, ist man doch 30 Jahre auf der Uni und hat immer mit jungen Leuten zu tun.“Die Favoritenrolle taugt ihm aber, der Professor gesteht: „Ein bisserl Schadenfreude gegenüber SPÖ und ÖVP verspür ich schon.“