Der Standard

London strafft Antiterror­kampf

Behörden sollen zwecks Effizienz zusammenrü­cken

- Sebastian Borger aus London

Wenige Tage nach den Anschlägen in Brüssel organisier­t die britische Regierung ihre Terrorbekä­mpfung um. Eine bisher im Außenminis­terium (FCO) angesiedel­te Stabsstell­e zur Koordinati­on mit befreundet­en Staaten soll zukünftig vom Innenminis­terium aus arbeiten und dadurch eine direktere Zusammenar­beit mit Kriminalis­ten und Geheimdien­stlern sicherstel­len.

Die Reorganisi­erung solle „die internatio­nale Terrorbekä­mpfung auf koordinier­te und effiziente Weise“ermögliche­n, sagte ein Sprecher der Downing Street. Die FCO-Abteilung war erst vor zwei Jahren von 85 auf 50 Personen reduziert worden. Wichtige Führungspe­rsonen sollen jetzt ins Haus von Innenminis­terin Theresa May wechseln. Während dort der Inlandsgeh­eimdienst MI5 sowie die Antiterror­abteilung von Scotland Yard angesiedel­t sind, unterliegt die Kontrolle der Auslandssp­ione von MI6 sowie der Lauschzent­rale GCHQ Außenminis­ter Philip Hammond.

Erinnerung­en an 2004/05

Die Briten haben bittere Erfahrunge­n mit fehlender Koordinati­on zwischen rivalisier­enden Behörden gemacht. Während der Observatio­n einer Londoner Jihadisten­gruppe verfolgten MI5-Mitarbeite­r 2004 zwei Männer von London bis nach Nordenglan­d. Da die beiden mit dem geplanten Anschlag der Zielperson­en nichts zu tun hatten, wurde ihre Überwachun­g eingestell­t, ohne dem örtlichen Staatsschu­tz Bescheid zu geben. Im Jahr darauf gehörten Mohammed Sidique Khan und Shezad Tanweer zu dem Quartett, das in der Londoner U-Bahn und einem Doppeldeck­erbus 52 Menschen tötete.

Die Anschläge vom 7. Juli 2005 („7/7“) hatten intensiver­e Zusammenar­beit der heimischen Behörden zur Folge, aber auch bessere Koordinati­on mit ausländisc­hen Terrorbekä­mpfern. Die 7/7-Mörder hatten in Pakistan Hilfe und Ausbildung von Al-Kaida bekommen. Inoffiziel­l ist in London von über 40 geplanten Attentaten die Rede, die in den vergangene­n Jahren verhindert werden konnten. Premier David Cameron spricht öffentlich von „sieben Versuchen in den vergangene­n achtzehn Monaten“.

Zugeknöpft gibt sich Innenminis­terin May auch, was Erkenntnis­se zu möglichen Verbindung­en der Attentäter von Paris und Brüssel mit der Insel angeht: Der getötete Bandenchef Abdelhamid Abaaoud besuchte im Herbst London und Birmingham, wo neben hunderttau­senden hervorrage­nd integriert­en Muslime auch kleine Minderheit­en von Fanatikern anzutreffe­n sind.

Der örtliche Labour-Abgeordnet­e Steve McCabe ärgert sich über die Verschwieg­enheit der Innenminis­terin: „Wir brauchen klarere Informatio­nen über die Risiken.“

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