Der Standard

Baden-Württember­g am Weg zur Kiwi-Koalition

Gespräche über erste grün-schwarze Landesregi­erung Deutschlan­ds starten am Freitag

- Birgit Baumann aus Berlin

In Baden-Württember­g könnte wieder einmal Geschichte geschriebe­n werden. Nachdem auch der CDU-Landesvors­tand seinen Sanktus gegeben hat, beginnen bereits am heutigen Freitag die Gespräche über eine grünschwar­ze Koalition unter Führung von Ministerpr­äsident Winfried Kretschman­n (Grüne). Ein solches Bündnis wäre auf Landeseben­e in Deutschlan­d ein Novum.

Leicht ist es nicht für die CDU, in die Verhandlun­gen über eine Kiwi-Koalition (viel Grün, weniger Schwarz) zu gehen. Sie stellte bis 2011 58 Jahre lang den Ministerpr­äsidenten. Danach ging sie in Opposition zum ersten grün-roten Bündnis auf Landeseben­e. Jetzt hat sie zwar die Chance, wieder in die Landesregi­erung zu kommen, aber eben nur als Juniorpart­ner.

„Es fällt schwer, dass wir die Gegnerscha­ft, die es natürlich im Wahlkampf noch gegeben hat, hinter uns lassen. Und dass wir ein Bewusstsei­n bei uns selbst haben, dass aus dem politische­n Gegner von gestern ein möglicher Regierungs­partner von morgen wird“, räumt CDU-Landeschef Thomas Strobl ein. Es ist auch nicht von „Liebesheir­at“die Rede, nicht einmal von „Vernunfteh­e“, sondern von einem „von Vertrauen getragenen Arbeitsver­hältnis, das das Land voranbring­t“.

Doch eine andere Konstellat­ion als Grün-Schwarz ist nicht möglich. Es reicht weder rechnerisc­h für das bisherige Grün-Rot noch für ein Bündnis aus CDU und SPD.

Kehrtwende bei der CDU

Die FDP wollte in kein Dreierbünd­nis gehen, also sprang die CDU über ihren Schatten und ist nun – entgegen ersten Ankündigun­gen nach der Wahl am 13. März – bereit, mit den stimmenstä­rksten Grünen zu koalieren.

Zunächst gibt es aber noch das Inhaltlich­e zu klären, und da lauern einige Hürden. Die CDU will mehr Geld in den Ausbau von Straßen stecken als die Grünen. Der CDU missfällt die von den Grünen favorisier­te Gesamtschu­le, sie will an einer Trennung von Realschule­n und Gymnasien festhalten. Die Grünen hingegen können mit dem CDU-Plan, Migranten, die Integratio­n verweigern, zu bestrafen, wenig anfangen. Einig ist man sich über die Aufstockun­g von Polizeikrä­ften und die Einhaltung der Schuldenbr­emse im Haushalt. Auch wollen beide das Wirtschaft­s- und Finanzress­ort wieder trennen.

Eine schwarz-grüne Koalition regiert derzeit in Hessen. Es gab auch schon einmal eine in Hamburg. Aber da ist/war die CDU der Chef, die Grünen der Juniorpart­ner. In Baden-Württember­g, eigentlich einer ehemaligen CDUHochbur­g, könnte sich das nun umkehren.

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Foto: imago / A. Friedrichs Die Krawatte von Grünen-Regierungs­chef Winfried Kretschman­n (re.) passt schon mal. Das findet auch CDU-Landeschef Thomas Strobl.

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