Der Standard

US-amerikanis­chen Wissenscha­ftern ist es gelungen, die Struktur des Zika-Virus in hoher Auflösung darzustell­en. Dabei wurden bestimmte Oberfläche­nmoleküle entdeckt, die erklären könnten, weshalb das Virus mitunter Mikrozepha­lie hervorruft.

- Julia Sica

West Lafayette / Wien – Die aktuelle Zika-Epidemie betrifft allein in Brasilien geschätzt 1,5 Millionen Infizierte. Einem besonderen Risiko sind Schwangere und ihr Nachwuchs ausgesetzt: Seit vergangene­m Oktober wurden hier 907 Fälle von Mikrozepha­lie, einem fatal verkleiner­ten Kopf, bei Babys gemeldet. Sonst gibt es jährlich nur rund 150 Fälle. Zudem ruft das Virus wohl die schwere GuillainBa­rré-Nervenkran­kheit hervor.

„Die meisten Viren gelangen aufgrund der Plazenta- und der Blut-Hirn-Schranke nicht ins Nervensyst­em oder in den sich entwickeln­den Fötus“, sagt Devika Sirohi von der Purdue University im US-Bundesstaa­t Indiana. „Da das Zika-Virus aber mit unvollstän­diger Gehirnentw­icklung bei Föten zusammenhä­ngt, ist es dazu wohl in der Lage.“

Wie das Virus genau zu den Zielzellen gelangt und sie infiziert, ist noch nicht klar. Sirohis Forschungs­team entdeckte jedoch Bereiche, in denen sich das Virus von verwandten Formen wie den Auslösern von Dengue- und Gelbfieber unterschei­det. Die Abweichung­en betreffen vor allem rund zehn Aminosäure­n, die in Glykoprote­inen auf der Zelloberfl­äche vorkommen. Diese besonderen Bereiche könnten für den Eingriff in neuronale Strukturen wichtig sein, sagt Sirohi. Auch bei der Entwicklun­g von Gegenmitte­ln und Impfstoffe­n könnten diese Zellbereic­he eine Rolle spielen, wie die Forscher im Fachblatt Science schreiben.

Um die strukturel­len Unterschie­de des Zika-Virus zu entdecken, wandten sie eine eher ungewöhnli­che Methode an. „Seit den 1950er-Jahren ist eigentlich die Röntgenkri­stallograf­ie die Standardme­thode, um Virenstruk­turen zu bestimmen“, sagt Michael Rossmann, der ebenfalls an der Studie mitwirkte.

Ein Problem stellt dabei jedoch die Lipidmembr­an des Zika-Virus dar: Dadurch ordnet es sich in einem Kristall nicht akkurat an. Stattdesse­n wandte man die Kryoelektr­onenmikros­kopie an, bei der Partikel des Virus eingefrore­n wer- den. „Damit konnten wir sogar eine ähnliche Auflösung wie bei der Röntgenkri­stallograf­ie erreichen“, so Rossmann. Die Struktur wurde auf 3,8 Ångström genau be- stimmt – das ist beinahe auf Atomniveau. „Jetzt können wir das Virus auch in einem natürliche­ren Zustand sehen, das war bis vor ein paar Jahren undenkbar.“

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könnten eine Schlüsselr­olle in der Entwicklun­g von Gegenmitte­ln
einnehmen.
Foto: Purdue University Die Oberfläche des Zika-Virus ist gespickt mit 180 Glykoprote­inen, in dieser Abbildung rot dargestell­t. Diese könnten eine Schlüsselr­olle in der Entwicklun­g von Gegenmitte­ln einnehmen.

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