Rätselhaftes im Rugby
Österreichs Rugby-Liga wurde aufgestockt und auf eine Ganzjahresmeisterschaft umgestellt. Ob das Sinn macht, wird heftig diskutiert. Das Nationalteam hat jedenfalls einen neuen Teamchef, der Verband einen neuen Präsidenten.
Wien – Im österreichischen Rugby ist eine Woche vor dem Länderspiel des Nationalteams im europäischen Nationencup gegen Serbien am 9. April kaum noch etwas beim Alten. Ende Jänner wurde bekannt, dass sich der Verband (ÖRV) von Trainer und Development-Manager Lofty Stevenson getrennt hat. Ein Monat später endete nach acht Jahren die Ära von Präsident Andreas Schwab, im März wurde eine weitreichende Neuformierung des Ligasystems samt Umstellung auf eine Ganzjahresmeisterschaft präsentiert.
Letztere umfasst die Aufstockung der höchsten Spielklasse von fünf auf sieben Klubs. Nach einer Vorrunde im Frühjahr machen die besten fünf Teams den Titel unter sich aus, während die verbleibenden zwei mit den beiden erstplatzierten aus Liga zwei um Auf- und Abstieg rittern. Die Saison 2015/16 wurde nach dem Grunddurchgang beendet, manche behaupten: abgebrochen. Die zu diesem Zeitpunkt an erster und zweiter Stelle liegenden RC Donau und Vienna Celtic RFC werden am 11. Juni ein Endspiel bestreiten, zur Halbzeit der dann laufenden neuen Kampagne.
Gingen die personellen Veränderungen im Vorstand des ÖRV und die damit einhergehende Übernahme der Präsidentschaft durch Thomas Österreicher noch einmütig über die Bühne, provozierte die Strukturreform durchaus emotionale Debatten innerhalb der Rugby-Community.
Heterogene Szene
Stiig Gabriel, Sportdirektor beim Serienmeister Donau, begründet dies im Gespräch mit dem STANDARD mit der Heterogenität der Szene. Die Vereine befänden sich auf unterschiedlichen Entwicklungsstufen, die Erwartungen an Verband und Liga seien dementsprechend ebenso unein- heitlich und nur schwer unter einen Hut zu bringen.
Gabriel lässt keinen Zweifel daran, dass er eine verkürzte Jahresmeisterschaft (von Anfang April bis Ende Oktober) nicht für zielführend hält. Aus sportlichen Überlegungen, immerhin müsste Donau künftig aus der Winterpause heraus seine Europacup-Spiele bestreiten, aber auch weil ein Ligafinale im Herbst schlechter vermarktbar sei. Und gar so viele Vorzeige-Events habe das heimische Rugby nun auch wieder nicht zu bieten.
Etwas anders sieht das Jérémie Dejean de la Bâtie, Obmann des RC Innsbruck. Der neue Modus bringe mehr Ordnung und Planbarkeit. Schließlich soll die Sommerpause zur Pflege der SiebenerVersion des Rugby verwendet werden, die in Rio erstmals olympisch ist. Für die kleineren Vereine sei das Siebenerspiel eine gute Plattform, um Erfahrung zu sammeln. Außerdem müsse man nicht mehr, wie derzeit der Fall, zwischen Siebener- und 15er-Variante hin- und herswitchen, die Spieler sich nicht mehr dauernd um- stellen. De la Bâtie: „Für uns ist das viel feiner, kein Mischmasch.“Und ja, die Saison wäre zwar kürzer, dafür aber auch intensiver. Man müsse einmal abwarten, wie sich die Dinge entwickeln.
Bemerkenswert: Weder Gabriel noch de la Bâtie können auf Nachfrage sagen, wer die Reformagenda konkret ausbaldowert hat, es bleibt bei Mutmaßungen. Vom RC Innsbruck sei jedenfalls niemand involviert gewesen, man habe, so de la Bâtie, den Plan auf den Tisch bekommen und dann intern diskutiert. Der Donau-Sportchef wiederum bedauert einen fehlenden Diskurs im Vorfeld.
Und das Nationalteam? Hier folgt Peter Smutna auf Stevenson. Unter dem Neuseeländer mit den prononcierten Standpunkten fungierte er bereits als Co. Er kennt die Spieler, ein erstes Trainingslager über Ostern soll vielversprechend verlaufen sein. Gegen Serbien tritt man auf dem Wiener Sportclub-Platz an – auch das ist neu. Wie zuvor die Footballer haben auch die Rugbyaner den Exodus von der Hohen Warte vollzogen.