Strategien im Kampf gegen Werbeblocker
Jeder fünfte Leser in Österreich blockiert Werbung im Netz. Medienhäusern entgehen dadurch auch hierzulande viele Millionen Euro. Verleger appellieren an die Vernunft der Leser, klagen Adblocker-Betreiber oder ändern ihre Online-Werbeformate.
Wien – Blinkende Banner, datenintensive Videos: Immer mehr User sind genervt von Onlinewerbung und nutzen Werbeblocker. Nach Schätzungen verwenden in Österreich 21 Prozent – also jeder Fünfte – Adblocker, also Instrumente, die Werbung blockieren. Tendenz steigend. Verlegern entgehen damit auch hierzulande Werbegelder in Millionenhöhe. AdblockerAnwender gefährden so kostenlose Inhalte. Laut Anti-AdblockerDienst Pagefair fielen 2015 weltweit Erlöse von 21 Milliarden USDollar Werbeblockern zum Opfer, 2016 sollen es doppelt so viel werden. Sorgen machen Publishern auch die Zunahme an Downloads von Adblocker-Apps für mobile Endgeräte. Es besteht also Handlungsbedarf- Medien setzen verstärkt auf Bewusstseinsbildung und appellieren an die Vernunft der User.
Lesern einen Deal anbieten
Ein Ansatz, den auch Martina Zadina empfiehlt. Sie ist Präsidentin des International Advertising Bureau (IAB) in Österreich. „Mit den Usern in Dialog treten und ihnen einen Deal anbieten: Entweder sie bezahlen für den Content, den sie nutzen mit Akzeptanz von Werbung und schalten ihren Adblocker ab – oder aber sie zahlen tatsächlich mit Geld dafür“, lautet ihre Empfehlung.
Eine Strategie, die auch die New York Times seit kurzem versucht. Die Zeitung fordert Adblocker auf, entweder nytimes.com in die Whitelist aufzunehmen, um Werbung angezeigt zu bekommen oder alternativ ein Abo abzuschließen. Mit einem ähnlichen Vorstoß ging im Herbst die Washington Post in die Offensive. Auch in Frankreich gehen Medien seit Mitte März gezielt gegen Adblocker vor. So schließt Le Parisien Adblocknutzer komplett aus, während Le Monde die Leser mit Hinweisen auffordert, die Software zu deak- tivieren. 20 schwedische Verlage kündigen für kommenden Sommer eine gemeinsame Aktion an, initiiert vom schwedischen IAB. Nutzer würden vor die Wahl gestellt, die Adblocker zu deaktivieren oder für den Zugang zu bezahlen. In Deutschland nutzen bild.de und Gruner+Jahr-Portale technische Mittel gegen Werbeblocker, indem sie Inhalte sperren. Hierzulande bietet derStandard.at Usern mit Adblocker „Fair Use“-Abos an. Auch für Österreich plant das IAB eine Aufklärungskampagne, sie sei derzeit in der Abstimmungsphase, sagt Martina Zadina zum STANDARD. Deutsche Medien fahren generell härtere Bandagen. So gehen etwa ProSiebenSat.1, RTL, Axel Springer, Zeit-Verlag, Süddeutsche Zeitung juristisch gegen solche Dienste vor. Allen voran gegen Adblock-Plus-Betreiber Eyeo. Bisher mit mäßigem Erfolg. Am Mittwoch scheiterte die Süddeutsche Zeitung vor dem Landgericht München. Es sei legal, Werbung auf frei zugänglichen Webseiten zu blocken. Denn es bestehe kein Vertrag zwischen User und Verlag, der die Nutzer zur Konsumierung der Werbung verpflichten würde, urteilte das Gericht.
Klagen gegen Betreiber
Klagen gegen Adblocker-Dienste sind auch in Österreich nicht ausgeschlossen. „Die juristischen Schritte sind ein wichtiges Element und werden von uns aufmerksam verfolgt. Vor allem deshalb, weil der größte AdblockerBetreiber in Deutschland sitzt und dadurch für manche juristischen Schritte deutsches Recht auch von Österreich aus relevant ist“, sagt Gerald Grünberger, Geschäftsführer des Verlegerverbands, zum STANDARD. „Wie die bisherigen Verfahren in Deutschland gezeigt haben, ist der Schutz gegen Behinderung durch Werbeblocker dort nicht so eindeutig, wie wir uns das wünschen würden.“Schuld daran sei auch, dass „das Urheberrecht und das Wettbewerbsrecht in der EU dem digitalen Zeitalter noch immer hinterherhinken“.
Aber auch Werber sind gefordert, sie müssten „darauf achten, dass das Surferlebnis nicht beeinträchtigt wird“, sagt Zadina. Verleger setzen vermehrt auf neue Werbeformen, die optisch und inhaltlich an das redaktionelle Umfeld angepasst werden, Stichwort Content Marketing, Native Ads. Aktuell baut der Medienriese Burda Native Advertising massiv aus. Dafür kommen weniger Banner oder Pop-ups zum Einsatz.