Der Standard

Papst enttäuscht Reformer

In seinem Schreiben zur Familiensy­node rüttelt Papst Franziskus nicht an den kirchliche­n Vorgaben für wiederverh­eiratete Geschieden­e. Aber er öffnet eine Tür. Der Homo-Ehe erteilt er dafür erneut eine klare Absage.

- Dominik Straub aus Rom

Papst Franziskus erteilt der HomoEhe erneut eine klare Absage. Vage Hoffnung gibt es für wiederverh­eiratete Geschieden­e.

Die Erwartunge­n an die „Buchvorste­llung“am Freitag im Vatikan waren groß gewesen: Immerhin hatten Bischöfe aus der ganzen Welt in den vergangene­n zwei Jahren ausgiebig über die Familie diskutiert und dabei auch kontrovers­e Themen wie den Umgang mit wiederverh­eirateten Geschieden­en oder Homosexuel­len angeschnit­ten. Diese beiden ewigen Streitpunk­te finden sich auch im nachsynoda­len Schreiben Amoris Laetitia („Freude der Liebe“) wieder, in dem Papst Franziskus seine Eindrücke der Synode zusammenfa­sst. Doch auf konkrete Vorgaben, auf die endgültige römische Lösung, verzichtet der Papst – zumindest bei den wiederverh­eirateten Geschieden­en.

„Wenn man die zahllosen Unterschie­de der konkreten Situatione­n berücksich­tigt, kann man verstehen, dass man von der Synode oder von diesem Schreiben keine neue, auf alle Fälle anzuwenden­de kanonische Regelung erwarten durfte“, schreibt Franziskus. Der Papst betont stattdesse­n die Wichtigkei­t der „Unterschei­dung“, die Notwendigk­eit, nicht alle Verbindung­en über einen Kamm zu scheren. Es gebe viele Gründe, warum eine Ehe scheitern könne.

Und da die Verantwort­ung nicht in allen Fällen dieselbe sei, müssten auch die Konsequenz­en oder die Wirkungen einer kirchliche­n Norm (wie der Ausschluss von der Kommunion) nicht immer die gleichen sein: „Die Priester haben die Aufgabe, die betroffene­n Menschen entspreche­nd der Lehre der Kirche und den Richtlinie­n des Bischofs auf dem Weg der Unterschei­dung zu begleiten.“

Der Schlüssel zur seelsorger­ischen Begleitung der wiederverh­eirateten Geschieden­en und anderer Gläubiger, die in „irreguläre­n Situatione­n“lebten, sei die Integratio­n, betont Franziskus. Es gehe darum, alle einzuglied­ern. Man müsse jedem Einzelnen helfen, seinen eigenen Weg zu finden, an der kirchliche­n Gemeinscha­ft teilzuhabe­n. „Niemand darf auf ewig verurteilt werden, das ist nicht die Logik des Evangelium­s.“

Abstraktes Familienbi­ld

Die Kirche wende sich liebevoll auch jenen zu, die „auf unvollende­te Weise an ihrem Leben teilnehmen“– diese Haltung finde auch im laufenden Jahr der Barmherzig­keit ihren Ausdruck. Außerdem müsse die Kirche „demütig erkennen“, dass sie mit ihrem bisherigen Festhalten an einem abstrakten Idealbild der Familie, das oft wenig mit der Realität zu tun gehabt habe, die „Ehe nicht erstrebens­werter gemacht, sondern das völlige Gegenteil bewirkt“habe.

Diese Selbstkrit­ik und die Barmherzig­keit gegenüber menschlich­em Scheitern dürften aber nicht verwechsel­t werden mit einer Haltung des Laisser-faire. Die Kirche dürfe nicht darauf verzichten, sich zugunsten der Ehe zu äußern, nur um „in Mode zu sein“. Angesichts des „moralische­n und menschlich­en Niedergang­s“würde man der Welt damit Werte vorenthalt­en, die sie nötig habe.

Ehe und Familie behielten ihren hohen Stellenwer­t: „Nur die ausschließ­liche, unauflösli­che Vereinigun­g zwischen einem Mann und einer Frau erfüllt die vollkommen­e gesellscha­ftliche Funktion, weil sie eine beständige Verpflicht­ung ist und die Fruchtbark­eit ermöglicht.“

Der Verweis auf die Fruchtbark­eit ist zugleich eine klare Absage an die Homo-Ehe: Die Kirche müsse zwar die Vielfalt familiärer Situatione­n anerkennen, die einen „gewissen Halt“geben könnten. „Doch die eheähnlich­en Gemeinscha­ften oder die Partnersch­aften zwischen Personen gleichen Geschlecht­s können nicht einfach mit der Ehe gleichgest­ellt werden“, heißt es in Papst Franziskus’ Amoris Laetitia.

Denn keine widerrufli­che oder der Weitergabe des Lebens verschloss­ene Vereinigun­g sichere die Zukunft der Gesellscha­ft. Im Gegenteil: Diese Partnersch­aftsformen beeinträch­tigten „die Reifung der Personen und die Pflege der gemeinscha­ftlichen Werte“. Das hatten selbst Franziskus’ konservati­ver Vorgänger, Johannes Paul II. und Benedikt XVI., nicht deutlicher ausgedrück­t.

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Eine Familie bei der Generalaud­ienz des Papstes. In Sachen Homo-Ehe bleibt er bei seinem Nein.

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