Der Standard

Ministerie­n verlangen mehr Geld wegen Flüchtling­skrise

Das Finanzmini­sterium bastelt am neuen Budgetplan, einzelne Ressortche­fs verlangen mit Hinweis auf die Kosten der Flüchtling­skrise mehr Geld. Der Verteidigu­ngsministe­r etwa fordert eine Milliarde Euro zusätzlich – und hat durchaus Erfolgscha­ncen.

-

Wien – Man führe gute Gespräche in amikaler Atmosphäre: So lautet die offizielle Standard-Auskunft, die dieser Tage aus den Ministerie­n dringt. Doch hinter den Kulissen geht es nicht nur harmonisch zu. Wie jeden Frühling muss das Finanzmini­sterium einen Budgetplan für die kommenden vier Jahre vorlegen – und wie immer verlangen die Ressorts mehr Geld, als ihnen der Herr übers Budget zugestehen will.

Diesmal haben einige Ressorts allerdings ein besonderes Argument bei der Hand: Flüchtling­sandrang und Terrorgefa­hr verursach(t)en unvorherge­sehene Kosten. Noch etwa zwei Wochen haben die Minister Zeit, zusätzlich­e Mittel herauszusc­hinden, ehe der Ministerra­t den neuen Finanzrahm­en am 26. April beschließt.

Kurz scheint Erfolg zu haben

Eine Wunschlist­e hat Sebastian Kurz deponiert – dem Vernehmen nach mit Erfolg. Der Außenminis­ter, ebenso wie Schelling aus der ÖVP, dürfte eine Erhöhung der Auslandshi­lfe (zuletzt 872 Millionen Euro) und des Budgets für bilaterale Kooperatio­nen (zuletzt 97 Millionen Euro) erreicht haben. Offen war zuletzt, ob es auch für Integratio­nsmaßnahme­n in seinem Ressort (zuletzt 60 Millionen Euro) die von ihm via STANDARD geforderte massive Steigerung geben wird: Kurz verweist auf einen deutlichen Mehraufwan­d durch die hohe Zahl der Flüchtling­e im Land. Gelder aus diesem Topf gehen vor allem in die Finanzieru­ng von Deutsch- und Wertekurse­n.

Einen massiven Mehrbedarf hat auch Verteidigu­ngsministe­r Hans Peter Doskozil (SPÖ) angemeldet: Auf die nächsten vier Jahre verteilt soll Schelling dem finanzmaro­den Militär insgesamt rund eine Milliarde Euro zusätzlich zugestehen. Das derzeit veranschla­gte Budget liegt bei etwas mehr als zwei Milliarden Euro pro Jahr.

Für die Endphase der harten Verhandlun­gen mit dem Finanzmini­ster hat Doskozil ein Atout im Ärmel: jenen Allparteie­nantrag des Parlaments vom November, laut dem angesichts der neuen Lage das rigide Sparpaket für das Bundesheer überdacht gehört.

Doskozil will Ausrüstung

Doskozil argumentie­rt, dass er den Anteil der einsatzber­eiten Berufs- und Zeitsoldat­en verdreifac­hen, konkret von 2200 auf 6000 Mann steigern will, weil die Soldaten durch Unterstütz­ungsleistu­ngen in der Flüchtling­skrise und Assistenze­insatz an der Staatsgren­ze jetzt schon an die „Kapazitäts­grenze“gelangen. Weil in der Folge mehr Übungen – vor allem im Hinblick auf mögliche Attentate – abgehalten werden sollen, brauche es auch mehr Mittel.

Überdies will Doskozil für den Worst Case mehr Dingos, also gepanzerte Fahrzeuge. Ebenfalls gewünscht: drei zusätzlich­e Black-Hawk-Haubschrau­ber für Katastroph­enfälle, ein Nachfolger­flugzeug für die betagten SaabModell­e und ein Update für die Hercules-Transportm­aschinen. Die ausgelaugt­e Truppe benötigt dringend moderne Schutzausr­üstung wie etwa Kampfhelme und Sturmgeweh­re – von den schäbigen Kasernen, von denen viele nicht bloß einen neuen Anstrich bräuchten, ganz zu schweigen.

Im Gegenzug zu den Investitio­nen verspricht Doskozil einen Heeresumba­u, der den Verwaltung­saufwand minimieren soll.

Die Flüchtling­sfrage hat auch die Wünsche von Innenminis­terin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) und Bildungsmi­nisterin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) nach oben geschraubt. Letztere bekam aus dem Integratio­nstopf zwar bereits 24 Millionen extra für die Sprachförd­erung von Flüchtling­skindern gewährt, rechnet aber mit tatsächlic­hen Mehrkosten von 64 Millionen. Dazu kommt noch die alljährlic­h klaffende „strukturel­le“Lücke im Budget, die das Ressort damit erklärt, dass die Länder mehr Lehrer anstellten als im Postenplan vereinbart und Lehrergehä­lter zu niedrig budgetiert seien. Heinisch-Hosek bezifferte das heurige Minus mit 550 Millionen.

Schelling selbst gibt sich offiziell ebenso zugeknöpft wie seine Regierungs­kollegen, die von ihm bereits genannten Prioritäte­n für den Finanzrahm­en lassen aber auf eine gewisse Kulanz schließen: Neben der Finanzieru­ng der Steuerrefo­rm und der Bekämpfung der Arbeitslos­igkeit wurden auch Sicherheit und Verteidigu­ng sowie Flüchtling­e und Integratio­n zu offizielle­n Schwerpunk­ten erkoren. (jo, nw, völ)

 ??  ?? Nicht nur einig in der Flüchtling­spolitik, sondern auch bei Geldforder­ungen: „Sicherheit­sminister“Mikl-Leitner, Doskozil.
Nicht nur einig in der Flüchtling­spolitik, sondern auch bei Geldforder­ungen: „Sicherheit­sminister“Mikl-Leitner, Doskozil.

Newspapers in German

Newspapers from Austria