Gedenken an die dunkle Seite von Graz
Graz – Eigentlich wäre es wohl Aufgabe der öffentlichen Hand, der Politik, sich um diese gleichwohl sensible wie gesellschaftspolitisch wichtige Aufgabe der Gedenkkultur zu kümmern. Es ist aber „ein Privater“, der Grazer Arzt Rainer Possert, der sich seit Jahren um die Aufklärung eines der dunkelsten Kapitel der Grazer Geschichte bemüht und regelmäßig, so wie diesen Samstag, eine große Gedenkfeier für die Opfer organisiert.
Es geht um das bis vor wenigen Jahren weitgehend unbekannte ehemalige NS-Lager im Stadtbezirk Liebenau, auf dessen Areal womöglich nach wie vor in verfüllten Bombentrichtern jüdische Opfer verscharrt sind.
Tausende ungarische Jüdinnen und Juden wurden in den späten Kriegstagen auf Todesmärschen nach Mauthausen getrieben, sie machten hier im Liebenauer Lager Halt. Viele starben an Erschöpfung oder Unterernährung, viele wurden ermordet und im Lager verscharrt. Seit langem drängt Possert die offiziellen Stellen der Stadt, endlich Klarheit zu schaffen und Nachforschungen einzuleiten, ob hier im Wohngebiet in der NS-Zeit tatsächlich Massengräber angelegt wurden. Patienten hatten ihm immer wieder von Funden menschlicher Überreste erzählt.
Luftaufnahmen
Der Arzt hat – gemeinsam mit dem von ihm mitbegründeten Sozialmedizinischen Zentrum Liebenau – in der Folge Privatforschungen angestellt, Gutachter engagiert, hochspezielle Luftaufnahmen organisiert und fast auf den Zentimeter genau die alten Bombentrichter rekonstruiert. Zumindest das Bundesdenkmalamt hat sich von Posserts Vorarbeiten jetzt beeindruckt gezeigt. Das ganze Gebiet wurde mittlerweile als „Bodenfundstätte“im Flächenwidmungsplan eingetragen.
Bei der Feier wird auf Anregung der israelischen Botschafterin die Inschrift einer Gedenktafel ebenfalls auf Hebräisch präsentiert. Mit dabei auch Repräsentanten des Mauthausen-Komitees und der Kultusgemeinde. Die Stadtregierung lässt sich vertreten.