Die Rache des Jérôme Kerviel
Die französische Großbank Société Générale gerät in den Sog der Panama Papers. Das verdankt sie auch einem ehemaligen Mitarbeiter, und zwar dem Milliardenzocker Jérôme Kerviel.
Er wünsche der Société Générale eine „ganz schöne Woche“, twitterte Kerviel (39) am Montag, als die ersten Details der Panama Papers bekannt wurden. Der Kommentar war sehr sarkastisch gemeint: Der ehemalige Börsenhändler der SocGen ahnte schon, was auf die Pariser Großbank zukommen würde.
Wie die Pariser Zeitung Le Monde berichtete, gehört die Société Générale zu den fünf westlichen Banken, die am intensivsten Kontakt mit der panamaischen Kanzlei Mossack Fonseca pflegten: Die Pariser Großbank soll über diese Adresse 979 Firmen gegründet haben – und von den Geschäftspartnern in PanamaStadt richtiggehend „gehätschelt“worden sein.
Nicht in den Büchern
Bloß taucht dieses OffshoreGeschäft laut Le Monde „in keiner Firmenmitteilung, keinem Jahresbericht“auf. Was noch gravierender scheint: Bei einer Senatsanhörung im Jahre 2012 hatte SocGenVorsteher Frédéric Oudéa ausgesagt, sein Unternehmen betreibe in Panama und ähnlichen Finanzzentren keine Niederlassung, ja „keine Aktivitäten“.
In Paris werfen nun mehrere Politiker und Medien dem SocGen-Chef vor, er habe die Parlamentskommission angelogen. Die Bank stellt das in Abrede. Oudéa erklärte etwas umständlich, er könne seine Kunden nicht daran hindern, in Panama Briefkastenfirmen zu eröffnen; derzeit existierten aber nur noch „einige Dutzend“, und die lauteten nicht auf den Namen der Société Générale.
Kerviel erklärte hingegen in einem Interview, seine TradingAbteilung habe über die Luxemburger Niederlassung der Société Générale selbst Panama-Geschäfte abgewickelt. Über Twitter fragte er maliziös: „Meineid vor einer Untersuchungskommission des Senats – wie geht das übrigens, Frédéric Oudéa?“
Die Frage verhallte nicht ungehört. Die Senatskommission will den Bankdirektor nun erneut vorladen und prüft, ob Oudéa wegen Meineids belangt werden sollte – darauf steht in Frankreich bis zu drei Jahre Gefängnis. Die Bank bleibt aber dabei, sie habe in „totaler Transparenz“gehandelt. Sie geht in den Gegenangriff über und kündigt eine Verleumdungsklage gegen Kerviel, dessen Anwalt und andere Personen an.
Das ist möglicherweise genau das, was Kerviel anstrebt. Der bretonische Ex-Trader war 2010 selber zu einer fünfjährigen Haftstrafe verurteilt worden: Er hatte für die SocGen durch teilweise verdeckte Operationen 4,9 Milliarden Euro in den Sand gesetzt. Bis heute ist umstritten, wie weit die Bank darüber im Bild war. Kerviels Anwalt behauptet, er habe neue Zeugen gefunden, die bestätigen, dass die Hierarchie von den Machenschaften ihres Klienten „gewusst“habe. Er strengt daher einen neuen Prozess an. Im März hat das angerufene Gericht den mit Spannung erwarteten Entscheid vertagt.
Kerviel hat natürlich alles Interesse, dass sein Arbeitgeber der Lüge bezichtigt wird – und dass ein Gericht diesen Vorwurf abklären muss. Aus diesem Grund befleißigt er sich keinerlei Zurückhaltung und bezeichnet seine frühere Bank als „Wiederholungstäterin“, die nicht nur in Panama Offshore-Geschäfte betreibe, auch wenn sie das bestreite.