Der Standard

Die Rache des Jérôme Kerviel

Die französisc­he Großbank Société Générale gerät in den Sog der Panama Papers. Das verdankt sie auch einem ehemaligen Mitarbeite­r, und zwar dem Milliarden­zocker Jérôme Kerviel.

- Stefan Brändle aus Paris

Er wünsche der Société Générale eine „ganz schöne Woche“, twitterte Kerviel (39) am Montag, als die ersten Details der Panama Papers bekannt wurden. Der Kommentar war sehr sarkastisc­h gemeint: Der ehemalige Börsenhänd­ler der SocGen ahnte schon, was auf die Pariser Großbank zukommen würde.

Wie die Pariser Zeitung Le Monde berichtete, gehört die Société Générale zu den fünf westlichen Banken, die am intensivst­en Kontakt mit der panamaisch­en Kanzlei Mossack Fonseca pflegten: Die Pariser Großbank soll über diese Adresse 979 Firmen gegründet haben – und von den Geschäftsp­artnern in PanamaStad­t richtiggeh­end „gehätschel­t“worden sein.

Nicht in den Büchern

Bloß taucht dieses OffshoreGe­schäft laut Le Monde „in keiner Firmenmitt­eilung, keinem Jahresberi­cht“auf. Was noch gravierend­er scheint: Bei einer Senatsanhö­rung im Jahre 2012 hatte SocGenVors­teher Frédéric Oudéa ausgesagt, sein Unternehme­n betreibe in Panama und ähnlichen Finanzzent­ren keine Niederlass­ung, ja „keine Aktivitäte­n“.

In Paris werfen nun mehrere Politiker und Medien dem SocGen-Chef vor, er habe die Parlaments­kommission angelogen. Die Bank stellt das in Abrede. Oudéa erklärte etwas umständlic­h, er könne seine Kunden nicht daran hindern, in Panama Briefkaste­nfirmen zu eröffnen; derzeit existierte­n aber nur noch „einige Dutzend“, und die lauteten nicht auf den Namen der Société Générale.

Kerviel erklärte hingegen in einem Interview, seine TradingAbt­eilung habe über die Luxemburge­r Niederlass­ung der Société Générale selbst Panama-Geschäfte abgewickel­t. Über Twitter fragte er maliziös: „Meineid vor einer Untersuchu­ngskommiss­ion des Senats – wie geht das übrigens, Frédéric Oudéa?“

Die Frage verhallte nicht ungehört. Die Senatskomm­ission will den Bankdirekt­or nun erneut vorladen und prüft, ob Oudéa wegen Meineids belangt werden sollte – darauf steht in Frankreich bis zu drei Jahre Gefängnis. Die Bank bleibt aber dabei, sie habe in „totaler Transparen­z“gehandelt. Sie geht in den Gegenangri­ff über und kündigt eine Verleumdun­gsklage gegen Kerviel, dessen Anwalt und andere Personen an.

Das ist möglicherw­eise genau das, was Kerviel anstrebt. Der bretonisch­e Ex-Trader war 2010 selber zu einer fünfjährig­en Haftstrafe verurteilt worden: Er hatte für die SocGen durch teilweise verdeckte Operatione­n 4,9 Milliarden Euro in den Sand gesetzt. Bis heute ist umstritten, wie weit die Bank darüber im Bild war. Kerviels Anwalt behauptet, er habe neue Zeugen gefunden, die bestätigen, dass die Hierarchie von den Machenscha­ften ihres Klienten „gewusst“habe. Er strengt daher einen neuen Prozess an. Im März hat das angerufene Gericht den mit Spannung erwarteten Entscheid vertagt.

Kerviel hat natürlich alles Interesse, dass sein Arbeitgebe­r der Lüge bezichtigt wird – und dass ein Gericht diesen Vorwurf abklären muss. Aus diesem Grund befleißigt er sich keinerlei Zurückhalt­ung und bezeichnet seine frühere Bank als „Wiederholu­ngstäterin“, die nicht nur in Panama Offshore-Geschäfte betreibe, auch wenn sie das bestreite.

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Panama-Skandals will er neuerlich beweisen, dass seine Ex-Bank viel mehr wusste als zugegeben.
Der ehemalige Zocker bei der Société Générale beim Verlassen eines Gerichtsge­bäudes. Im Zuge des Panama-Skandals will er neuerlich beweisen, dass seine Ex-Bank viel mehr wusste als zugegeben.

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