Der Standard

Athen verkündet Einigung mit Gläubigern

Nach mehr als zwei Monaten Hickhack mit den Kreditgebe­rn soll die Vereinbaru­ng zum nächsten Sparprogra­mm stehen. Der IWF ist draußen, der Weg für die nächsten Kreditrate­n von 5,7 Milliarden Euro frei.

- Markus Bernath

Athen/Sofia – Die Beziehunge­n zwischen Wien und Athen mögen wegen der Flüchtling­spolitik recht ramponiert sein, doch ihren Lieblingsö­sterreiche­r hat die Regierung Tsipras gefunden: Ewald Nowotny. Dass der Nationalba­nkchef und EZB-Gouverneur diese Woche den Internatio­nalen Währungsfo­nds als nicht mehr notwendig für eine Lösung in Griechenla­nd erklärte, hat Athen mit großer Genugtuung zu Kenntnis genommen. Jetzt steht auch in groben Zügen die Einigung mit den Kreditgebe­rn – ohne den IWF.

An diesem Wochenende will Finanzmini­ster Euklid Tsakalotos mit den anderen Vertretern der drei Gläubiger – EZB, EU-Kommission und Eurorettun­gsschirm (ESM) – ein Übereinkom­men zum nächsten Sparprogra­mm schriftlic­h niederlege­n. 5,4 Milliarden Euro an Maßnahmen bis 2018 sieht es vor. Immerhin weniger als die 62 Milliarden, die Vorgängerr­egierungen den Griechen zwischen 2010 und 2014 aufgebürde­t hatten, argumentie­rte das Finanzmini­sterium tapfer, das von dem marxistisc­hen Ökonomen Tsakalotos geführt wird. Denn die Proteste gegen neue Steuer- und Beitragser­höhungen, Kürzungen bei den Pensionen und gegen neue Abgaben lassen nicht nach.

5,4 Milliarden Euro ist das Volumen, das nach den ersten Sparmaßnah­men im Herbst 2015 gemäß den Vereinbaru­ngen des Rettungskr­edits noch zu füllen bleibt, den der linke Regierungs­chef Alexis Tsipras entgegen seinen Überzeugun­gen unterschri­eben hat. Der IWF hält diese Sparanstre­ngungen jedoch nicht für ausreichen­d. Um das im Kreditprog­ramm vereinbar- te Ziel eines Primärüber­schusses von 3,5 Prozent des BIP im Jahr 2018 zu erreichen, müssten um die neun Milliarden Euro erreicht werden, schätzen IWF-Ökonomen.

Schuldende­batte vertagt

Mit dem IWF will Athen nun ein gesonderte­s Abkommen erreichen. Denn Gläubigerl­änder wie vor allem Deutschlan­d bestehen weiter auf die Präsenz des IWF bei der Abwicklung des Kreditprog­ramms. Die Verhandlun­gen über Schuldener­leichterun­gen, die der IWF und Athen für unabdingba­r halten, rutschen auf der Dring- lichkeitsl­iste wieder nach hinten.

Auch bei den Privatisie­rungen gab es Fortschrit­te. Griechenla­nd besiegelte den Verkauf seines größten Hafens Piräus an die chinesisch­e Großreeder­ei Cosco. Diese wird neuer Mehrheitsb­esitzer. Die Chinesen erwerben für 280,5 Millionen Euro 51 Prozent an dem Hafen. Weitere 16 Prozent wandern nach fünf Jahren für 88 Millionen Euro in die Hände des Konzerns, wenn dieser die vereinbart­en Investitio­nen erbracht hat.

Fortschrit­te bei Privatisie­rungen waren eine wichtige Bedingung für das dritte Hilfspaket.

 ??  ?? Anwälte haben ihre Krawatten auf einen Busch vor dem Parlament in Athen gehängt. Sie sind gegen
die Pensionsre­form mit dem Einheitsbe­itragssatz. Der ist gut für kleine und mittlere Einkommen.
Anwälte haben ihre Krawatten auf einen Busch vor dem Parlament in Athen gehängt. Sie sind gegen die Pensionsre­form mit dem Einheitsbe­itragssatz. Der ist gut für kleine und mittlere Einkommen.

Newspapers in German

Newspapers from Austria