Der Standard

„Die Macht des Augenblick­s“

Beim Journalist­enfestival im italienisc­hen Perugia, einem der größten Branchentr­effen in Europa, kündigte Twitter Zukunftspl­äne an. Diskutiert wurde auch über Flüchtling­sberichte und die Panama-Leaks.

- Alexandra Föderl-Schmid aus Perugia

Seinen ersten Tweet hatte Mark Little am 23. Juli 2009 abgesetzt, er sei damals „skeptisch“gewesen. Inzwischen hat laut Little der Kurznachri­chtendiens­t mehr als 320 Millionen User pro Monat und 500 Millionen Besucher.

Der Ire, Gründer der Nachrichte­nplattform Storyful, ist seit dem Vorjahr für Europa und Asien zuständige­r Vizepräsid­ent. Beim Journalist­enfestival in Perugia sollte er Auskunft geben, welche Zukunftspl­äne Twitter nach dem gerade gefeierten zehnten Geburtstag hat. Zuletzt war in Medienberi­chten auf rote Zahlen und ein fehlendes Geschäftsm­odell verwiesen worden. „Jeder Zehnjährig­e hat Schwierigk­eiten“, so Littles knapper Kommentar.

„Wir arbeiten gerade an Wegen, wie wir hasserfüll­te Meldungen verhindern können, etwa Frauenfein­dlichkeit, die wir auf Twitter sehen“, kündigte Little an, ohne konkreter zu werden. Ähnlich vage war auch die Ankündigun­g, mehr mit Medienhäus­ern zusammenar­beiten zu wollen. Anders als Facebook und Google werde Twitter aber nicht selbst Inhalte produziere­n oder Verlagen diese streitig machen, versichert­e Little.

Twitter setze vor allem auf Video, um noch mehr Nutzer für Interaktio­nen zu gewinnen. Vor einem Jahr hatte Twitter Periscope, die mobile Applikatio­n für Videodirek­tübertragu­ngen in Echtzeit, gekauft. Aber man wolle keine andere Form von Fernsehen werden. Es drehe sich alles um Dialog. „Twitter ist öffentlich­es Live-Engagement, die Macht des Augenblick­s.“

Seinen zehnten Geburtstag feierte heuer auch das Journalist­enfestival, zu dem hunderte Teilnehmer aus aller Welt anreisten. Binnen fünf Tagen gibt es 150 Veranstalt­ungen. Ein Schwerpunk­t ist die Flüchtling­sberichter­stattung. Ungarns Botschafte­r Georg Habsburg nutzte die Gelegenhei­t, Journalist­en aufzuforde­rn, nicht mehr „Islamische­r Staat“zu schreiben, sondern den Begriff Daesh für die Terrormili­z zu nutzen.

Diskutiert wurde auch über Enthüllung­en wie Panama-Leaks. Passend dazu: auf dem Hauptplatz die Installati­on von Davide Dormino, die Edward Snowden, Julian Assange und Chelsea Manning als lebensgroß­e Figuren zeigt. Auf dem leeren Stuhl daneben kann jeder Platz nehmen und sich äußern – was rege genutzt wurde.

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Wien
Mark Little sieht Twitter als „öffentlich­es Live-Engagement“. Wien

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