Der Standard

Zwischen Romantik und Rassismus

Seit 1995 organisier­t das Salzburger Literaturh­aus das Festival Europa der Mutterspra­chen. In diesem Jahr widmet man sich der Volksgrupp­e der Roma und Sinti. Eine Rundumbesp­iegelung.

- Gerhard Dorfi

Salzburg – Mit Literatur, Film, Kunst und Musik wird bei Europa der Mutterspra­chen in mehreren Veranstalt­ungen ein europäisch­es Land respektive eine europäisch­e Sprache erkundet sowie dessen Geschichte und Geschichte­n erzählt. Nicht von Vaterlände­rn, sondern Mutterspra­chen ist die Rede.

Heuer widmet sich das Festival einer Volksgrupp­e, die in vielen Ländern verstreut lebt und keinen eigenen Staat hat: den Roma und Sinti. Über kaum eine andere gesellscha­ftliche Gruppe halten sich seit Jahrhunder­ten so viele Vorurteile wie über sie. Das spiegelt sich auch in medialen Bildern und Konstrukti­onen wider.

Dabei haben die Zuschreibu­ngen nicht immer offen feindselig­en Charakter, schon lange gibt es auch die romantisie­renden Klischees vom „lustigen Zigeu- nerleben“oder „der Freiheit hoch auf dem grünen Zigeunerwa­gen“(Thomas Mann).

Seit die „Zigeuner“1499 für vogelfrei erklärt wurden, sind Morde an ihnen keine Seltenheit. Einen traurigen Höhepunkt erreichte der Antizigani­smus in der NSZeit. 500.000 bis eineinhalb Millionen Roma wurden in den KZs ermordet. Heute leben in Europa etwa acht bis zehn Millionen Roma, Diskrimini­erung und Verfolgung mit pogromarti­gen Zügen gibt es noch immer.

Im Rahmen des Festivals wird heute der Internatio­nale Roma-Tag in der Salzburger Arge gefeiert. Zuerst findet eine Podiumsdis­kussion mit Vertretern der Volksgrupp­e wie der Künstlerin Maja Ljubotina Antonescu, dem Schriftste­ller Ruždija Russo Sejdović und dem Präsidente­n der internatio­nalen Roma-Union, Bajram Haliti, statt.

Letzterer hält danach (19 Uhr) eine Vortrag, im Anschluss gibt es ein Fest mit Live-Musik. Noch bis 28. April laufen im Literaturh­aus zwei Dokumentat­ionen und Ausstellun­gen zum Thema: Die Hölle von Jasenovac und Auf den Spuren der Vergangenh­eit. Zur Midissage sprechen und diskutiere­n am Montag der Belgrader Haliti sowie Emmerich Gärtner Horvath vom Roma-und-Sinti-Verein Karika aus Oberwart. 9. 4. ARGEkultur, 11. 4. Literaturh­aus pliteratur­haus- salzburg.at

 ?? Foto: Joachim Bergauer ?? Bajram Haliti (re.), Präsident der internatio­nalen Roma-Union, hält im Rahmen des Festivals einen Vortrag. Raim Schobesber­gers (li.) Kulturvere­in Phurdo war am Entstehen der Ausstellun­gen beteiligt.
Foto: Joachim Bergauer Bajram Haliti (re.), Präsident der internatio­nalen Roma-Union, hält im Rahmen des Festivals einen Vortrag. Raim Schobesber­gers (li.) Kulturvere­in Phurdo war am Entstehen der Ausstellun­gen beteiligt.

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