Der Standard

„Das Böse in mir

Im „Tatort“am Sonntag spielt Nicholas Ofczarek einen Bösewicht mit abscheulic­her Intensität. Über die Einsamkeit beim Dreh, tiefe Abgründe und wie es ist, nackt vor 30 Leuten zu tanzen.

- INTERVIEW: Doris Priesching

gefälliges, dem Buchstaben verpflicht­etes Filmwerk. Bis 22.05, 3sat

20.15 VERSTRAHLT Hulk (USA 2003, Ang Lee) Anhand der Comicverfi­lmung mit dem grünen Monster kann dem Amerikabil­d von Regisseur Ang Lee nachgespür­t werden: Direkte Querbezüge zur jüngeren (Kriegs-)Geschichte des Landes stellen sich ein, wenn das muskelbepa­ckte Wesen auch gegen das Fremde im eigenen Leib kämpft. Bis 23.00, Vox

20.15 DOKUMENTAT­ION Alcatraz – Der Wahrheit auf der Spur Das berüchtigt­e Gefängnis vor San Francisco galt als ausbruchsi­cher. 1962 gelang den Brüdern John und Clarence Anglin sowie ihrem Mithäftlin­g Frank Morris die Flucht. Die Häftlinge verschwand­en spurlos. Obwohl ihre Körper nie gefunden wurden, gingen die US-Behörden später vom Tod der Geflohenen aus. Erstmals häufen sich Hinweise, dass John und Clarence Anglin überlebt haben könnten. Die Doku des History-Kanals im Angebot des Abosenders Sky geht diesen Spuren nach. Bis 21.45, History

22.35 TSCHINBUMM Armageddon (USA 1998, Michael Bay) Und wieder rast ein Komet auf die Erde zu und droht sie zu zerstören. Bruce Willis als weltbester Ölbohrer soll das Desaster abwenden, ihm zur Seite Liv Tyler und Ben Affleck. Heroisch, heldenhaft und ziemlich laut. Bis 1.35, Puls 4

0.35 TRUNKENBOL­D Cat Ballou – Hängen sollst du in Wyoming (USA 1965, Elliot Silverstei­n) Eine junge Lehrerin aus dem Osten rechnet im Wilden Westen, unterstütz­t von einem trunksücht­igen Revolverhe­lden, mit den Mördern ihres Vaters ab. Die kommerziel­l erfolgreic­hste Genreparod­ie der 1960er-Jahre: süßeste (und natürlich schrecklic­h verführeri­sche) Unschuld Jane Fondas; tolpatschi­gste Duelltorke­lei Lee Marvins; brechtisch­ste Balladenfo­rm, stilvoll vorgetrage­n von Nat King Cole und Stubby Kaye. Bis 2.05, RBB

0.45 ARG Das Ding aus einer anderen Welt (The Thing, USA 1982, John Carpenter) Böse Schlittenh­unde: Die Mannschaft einer amerikanis­chen Antarktiss­tation holt sich einen Schlittens­chlepper und somit ein fremdes Ding ins Haus, das John Carpenter – geschult an Howard Hawks – mit einem zynischen Kurt Russell und ziemlich tollen Spezialeff­ekten bekämpft. Bis 2.25, RTL 2

1.00 URARG Terminator 2 – Tag der Abrechnung (Judgement Day, USA 1991, James Cameron) Der Reiz des Muskels: Linda Hamilton als durchtrain­ierte Überlebens­künstlerin, der anachronis­tische Arnold auf der Seite des Guten. Bis 3.25, ZDF

STANDARD: Täuscht der Eindruck oder zieht es Sie bei Ihren Rollen gerade stark zu den Ungustln? Ofczarek: Es ist nichts Neues, dass es wesentlich interessan­ter ist, den Bösewicht zu spielen. Das sind die komplexere­n Figuren, weil sie gewisse Codes und Vereinbaru­ngen, die wir Menschen untereinan­der haben, nicht mehr einhalten. Aber ob es mich da hinzieht? Eben habe ich in der Schweiz einen Kinofilm gemacht, in dem ich einen depressive­n Bauern in den 1970er-Jahren spiele.

STANDARD: Der Bösewicht im „Tatort“ist besonders abscheulic­h. Wie war es, ihn zu spielen? Ofczarek: Das war ein sehr genau geschriebe­nes Drehbuch. Ich wurde von Hermine Huntgeburt­h angehalten, nichts Besonderes zu spielen, weil Text und Situation ohnehin stark genug sind. So ist dieser Mensch einmal freundlich charmant, und in der nächsten Szene siehst du, wie er schrecklic­he Dinge tut.

STANDARD: Tüfteln Sie lange an einer Figur, bevor Sie sie zum ersten Mal interpreti­eren? Ofczarek: Ich bereite mich gerne gut vor. Eine gute Vorbereitu­ng gestattet eine größere Freiheit im Moment zu arbeiten, weil dann eh immer alles anders ist, als man es sich vorstellt. Bei dem Dreh war es auch so, dass ich wirklich überhaupt niemanden kannte. Was auch selten ist, mittlerwei­le. Ich war auch noch nie in Frankfurt.

STANDARD: Ist Ihnen Harmonie am Set wichtig? Ofczarek: Wem nicht? Ein respektvol­ler Umgang ist mir wichtig. Man ist sich fremd, ich musste trotzdem gleich am ersten Drehtag auf die Balustrade eines Hochhauses steigen. Wohl gesichert, aber es ging 30 Meter hinunter. Wäre ich gestürzt, wäre ich vier Meter gegen die Hauswand gefallen.

STANDARD: Ganz am Anfang gibt es einen ziemlich entrückten Tanz. Macht sowas Spaß? Ofczarek: Man hat 30 Augenpaare auf sich gerichtet, die man alle nicht kennt. Spaß? Das war mir nicht wirklich angenehm. Es war insgesamt ein sehr intensiver Dreh. Dazu kommt, dass Frankfurt eine seltsame Stadt ist, einerseits hessisch-pittoresk, anderersei­ts gibt es das Finanzvier­tel und einen Block weiter ist das Rotlichtvi­ertel, die Taunusstra­ße. Wir mussten mit Security drehen.

STANDARD: Ist das Böse in allen? Ofczarek: Ich denke ja. Schauen Sie sich unser aller Biografien an. Soziopathe­n gibt es überall. Ich bin in meinem Beruf vielen begegnet. Ich hatte schon Chefs, Vorgesetzt­e oder Regisseure, die waren nicht normal. Wie sie mit Menschen umgehen, oder Kollegen, die über Leichen gehen. Das werden Sie aber in jedem Beruf finden. Deshalb fasziniert das ja auch so. Wir müssen uns nur anschauen, wie viele Krimis es gibt.

STANDARD: Wo sehen Sie dann das Böse in sich? Ofczarek: Das Böse in mir? Ich weiß es nicht. Ich versuche ein relativ korrekter und ein respektvol­ler Mensch zu sein. Ist das böse, dass ich mich manchmal ohnmächtig und hilflos fühle und dann auch über Grenzen gehe, wie es jeder von uns tut? Ich werde nicht sagen, was das Böse in mir ist, aber ich versuche es zu transformi­eren. Mit dem bösartigen Potenzial in mir kreativ umzugehen und es in Unterhaltu­ng oder Sport zu transformi­eren, ist das Beste, was ich tun kann.

STANDARD: Sind Sie ein „Tatort“Schauer? Ofczarek: Nein. Ich bin überhaupt kein großer Fernsehsch­auer, außerdem spiele ich oft an Sonntagen Theater, und wenn ich einmal daheim bin, schaue ich nicht fern.

STANDARD: Sie stehen vor dem Dreh zum Landkrimi mit David Schalko. Sind Sie da der Böse oder der Gute? Ofczarek: Ich darf nichts darüber sagen, nur so viel: Es ist ein sehr interessan­tes Buch. STANDARD: Wie beurteilen Sie „Altes Geld“im Nachhinein? Ofczarek: Ich tue mir auch da schwer, etwas zu sagen. Es wäre auch falsch, jemandem von hier aus etwas auszuricht­en. Falls es die Verantwort­lichen interessie­rt, kann ich gerne meine Einschätzu­ng dazu geben.

NICHOLAS OFCZAREK (44) ist Ensemblemi­tglied am Burgtheate­r. Jüngste Ungustln im Fernsehen: „Braunschla­g“, „Altes Geld“, „The Team“. p Mehr auf derStandar­d.at/Etat

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Ein Killer in Frankfurt: Nicholas Ofczarek spielt den eiskalten Killer Alexander Nolte im Frankfurte­r „Tatort“. Sonntag, 20.15 Uhr, ORF 2.

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