KOPF DES TAGES
573 Marathons sind ihm nicht genug
Kein anderer Österreicher ist mehr Marathons gelaufen als der Wiener Gerhard Wally. Am Sonntag läuft er beim Vienna City Marathon seinen 574. Bewerb über die 42,195 Kilometer.
So besonders seine Leistung ist, so allgemein formuliert er das angepeilte Ziel: eine Zeit um die Vierstundenmarke.
Damit fällt er fast in die Kategorie „Max Mustermann“: Der durchschnittliche WienTeilnehmer ist in vier von fünf Fällen männlich, läuft eine Zeit von 3:59:22 Stunden und ist 41 Jahre alt.
Dass der 58-Jährige heute fast jedes Wochenende einen Marathon absolviert, ist mehr dem Zufall geschuldet als dem Kalkül: An einem Frühlingssonntag 1984 dreht er seine Laufrunde mit Freunden in Neuwaldegg. Er hat als Einziger ein Auto, soll einen Freund zum Zieleinlauf des ersten Wien-Marathons bringen. Weil er unerwartet einen Parkplatz findet, steigt er mit aus. Wally und seine Freunde beschließen daraufhin, auch mitzulaufen.
Zwei Jahre später, als 28-Jähriger, steht der Favoritener dann am Start vor dem Rathausplatz. Er sollte der Einzige seiner Laufgruppe sein, der es auch ins Ziel schafft. Wally kommt nach 3:51 Stunden an. Kurz darauf meldet sich der Wiener für den nächsten Marathon an.
Zunächst läuft er wenige Bewerbe pro Saison. Seine Laufleistung steigert er bis zum Jahr 2000 kontinuierlich. In weniger als drei Stunden möchte Wally einmal die Ziellinie queren. Sein Ziel erreicht er 14-mal und seine Bestzeit im Jahr 2000, beim WienMarathon. Da schafft er es in 2:52 Stunden.
Danach beginnt für Wally der zweite Abschnitt seiner Laufkarriere. In seiner besten Saison 2012 läuft er 42 – das ist im Durchschnitt einer alle acht Tage. Mit der steigenden Anzahl der Läufe hat der Wiener einen Gang zurückgeschaltet. Heute läuft der Rekordhalter durchschnittliche Zeiten. „Ich mache das aus Freude am Laufen, nicht, weil ich die schnellste Zeit erreichen will“, sagt Wally. Einen Schlussstrich unter seine Läuferkarriere zu ziehen hat der 58jährige Angestellte nicht geplant – solange die Gesundheit mitspielt, will er bei Marathonläufen in ganz Europa antreten.
Zumindest lahme Beine in den Tagen nach dem Marathon hat der Favoritener nicht mehr – außer es erwarten ihn Hitze, Wind, Regen, Kälte oder Schnee auf der Strecke. Sonst seien die 42,195 Kilometer „nicht anstrengender als ein halbanstrengender Tag im Büro“.