Tausche nettes Klima gegen mehr Geld?
Frauen haben laut Umfragen mehr Ansprüche an Unternehmenskultur und Betriebsklima, erwarten aber weniger Gage als ihre männlichen Kommilitonen. Die Gehälter von Uni- und FH-Absolventen haben sich angeglichen.
Wien – Wenn es um die eigene Karriere geht, ticken Frauen offenbar anders als Männer: Sie wollen nach dem Studium eher in der Pharma- oder Konsumgüterindustrie arbeiten – Männer eher in der IT- oder Finanzbranche. Auch was ihren Wunscharbeitgeber angeht, sind die Kriterien andere. Für Frauen zählt etwa die Unternehmenskultur mehr: Sie achten offenbar auf soziales Engagement, streben eine sichere Anstellung und eine ausgewogene Work-LifeBalance an – und orientieren sich schließlich auch daran, ob sie als Frauen im Unternehmen die gleichen Karrierechancen haben wie ihre männlichen Kollegen.
Das zeigt das Graduate Barometer von Trendence, einem Forschungsinstitut für EmployerBranding. Für die Studie wurden im Vorjahr rund 6200 Studierende in Österreich befragt, die kurz vor dem Berufseinstieg stehen. In puncto Kriterien für Wunscharbeitgeber deckt sich diese Umfrage mit vielen anderen.
Plus: Frauen mögen anspruchsvoll in puncto Betriebsklima sein, sie erwarten aber weniger Einkommen: Auch wenn Frauen also an sich anspruchsvoller bei ihren Wünschen an ihren künftigen Arbeitgeber sein dürften – bei den Gehaltsforderungen macht sich das nicht bemerkbar. Im Gegenteil: Hier sind die Absolventinnen deutlich bescheidener als ihre Kommilitonen. Die Ergebnisse der Befragung machen deutlich: Technikerinnen rechnen mit 30.400 Euro brutto Einstiegsgehalt pro Jahr – 15 Prozent weniger als Männer, die 35.700 Euro erwarten.
Bei den Absolventen und Ab- solventinnen im Bereich der Wirtschaftswissenschaften ist das Verhältnis ähnlich. Die Frauen erwarten mit 28.600 Euro jährlich rund 13 Prozent weniger Gehalt als ihre Kommilitonen mit 32.700 Euro.
Mit dieser Gehaltseinschätzung liegen Berufseinsteiger im realistischen Bereich. Alle zwei Jahre werden vom ÖPWZ (Österreichisches Produktivitäts- und Wirtschaftlichkeitszentrum) die Gehälter von Berufseinsteigern anhand von Unternehmensdaten ermittelt. Für das Jahr 2014 lag das monatliche Einstiegsgehalt von Absolventen wirtschaftswissenschaftlicher Studien zwischen 2500 Euro und 2700 Euro, bei Technikern zwischen 2600 Euro und 2900 Euro.
Die Gehälter von Universitätsund Fachhochschulabsolventen haben sich laut dieser ÖPWZ-Erhebung angepasst. Unterschiede gebe es aber bei den Gehältern von Bachelors und Mastern. Konkret: FH-Absolventen wirtschaftlicher Studienrichtungen bekommen beim Berufseinstieg nur minimal weniger als Uni-Absolventen. So verdienen Uni-Master im ersten Job zwischen 2583 Euro und 2744 Euro, FH-Master zwischen 2523 Euro und 2737 Euro. Dieser Unterschied bleibt aber auch nach drei bis fünf Jahren Berufserfahrung bestehen. Ein anderes Bild zeigt sich mit einem Bachelorabschluss eines wirtschaftlichen Studiums. Hier überholen, so die Studie, FH-Absolventen ihre Universitätskollegen sogar leicht.
Ein hohes Einstiegsgehalt spiele bei der Wahl des Arbeitgebers aber eine immer untergeordnetere Rolle, sagt Trendence europaweit. Von größerer Bedeutung, so die Umfrage von Trendence, werde der Sicherheit der Anstellung gegeben. Mehr als 85 Prozent nannten dieses Kriterium als wichtig.
Und: Rund 80 Prozent der von Trendence Befragten gaben an, dass es wichtig sei, dass das Unternehmen zu ihnen passt. Wenn ihnen die Unternehmenskultur nicht passt, würden laut der Umfrage rund 60 Prozent einen Job auch ausschlagen. Andererseits würden ebenfalls rund 60 Prozent auf Gehalt verzichten, wenn sie die Kultur des Unternehmens überzeugen kann. Aber zwei von fünf Studierenden sind der Meinung, dass viele unglaubwürdige Informationen über die Kultur in den Unternehmen zu finden sind. Und für Informationszwecke wird der sozialmediale Auftritt immer häufiger genutzt.