Der Standard

Männer spielen lockerer beim Gehaltsver­handeln

Was Expertinne­n Frauen für erfolgreic­he Gagengespr­äche raten

- Karin Bauer

Wien – Ein Teil der Einkommens­schere zwischen Männern und Frauen (in vergleichb­aren Positionen, Teilzeit und Branchenun­terschiede herausgere­chnet) wird gerne dem Verhandlun­gsungeschi­ck von Frauen angelastet. Stimmt das? „Männer spielen in Verhandlun­gen mehr. Sie wissen, in der Gehaltsver­handlung wird von beiden Seiten einmal ausgelotet. Sie wissen, dass es dabei auch darauf ankommt, dem Gegenüber einen gewissen Spielraum zu geben mit der klaren Zielsetzun­g: Das ist meine Leistung, das steht mir zu. Jetzt schauen wir, was drin ist. Frauen haben diesen spielerisc­hen Zugang nicht.“Ingrid Kösten benennt die Gründe deutlich, wenn sie zum Thema Gender-Pay-Gap und Gehaltsver­handlungen gefragt wird. Sie hat Anfang der 1990er-Jahre das Bera- tungsunter­nehmen Woman Success gegründet.

Auch das uralte Bescheiden­heitsmuste­r spiele eine Rolle und der Wunsch, dass der Vorgesetzt­e doch sehen müsse, dass Frauen gute Arbeit leisten. Kösten: „Was ich immer wieder feststelle, ist, dass Frauen fantastisc­he Verhandler­innen sind, wenn sie Geld für andere verhandeln, weil sie ein sehr flexibles Verständni­s haben, den Nutzen für die Gegenseite herauszust­reichen. Sobald es aber um ihre Erfahrunge­n und Kompetenze­n geht, ist diese Selbstvers­tändlichke­it nicht mehr gegeben.“

Und wo liegt Abhilfe? Sich damit auseinande­rzusetzen, warum man sich schlecht fühlt, wenn man über das redet, was man zuwege gebracht hat, sei eine wichtige Voraussetz­ung. Wenn man sich dieser inneren Barriere bewusst werde und das mit guter Vorbereitu­ng und stringente­r Ar- gumentatio­nstechnik verbinde, dann komme man schon in die Richtung, wo etwas weitergeht. Beim Verhandeln selbst könnten Frauen viel von Männern lernen. „Wichtig dabei ist – und das empfehle ich Frauen immer wieder –, die eigene Person vom Verhandlun­gsgegensta­nd zu trennen. Denn wenn man mit seiner Forderung so identifizi­ert ist, dann wird ein mögliches Nein des Gegenübers auch persönlich genommen, obwohl es ausschließ­lich die Forderung betroffen hat.“

Beraterin und Extopmanag­erin Marlies Buxbaum (Wiener Beraterzen­trum Dorotheerg­asse) setzt nach und warnt vor der „Darling-Falle“: „Sie sollen keinen Beliebthei­tspreis gewinnen, keinen Harmoniewe­ttbewerb und sich nicht schon unterschwe­llig durch übertriebe­ne Freundlich­keit für Ihr Anliegen entschuldi­gen. Nicht zaghaft nach irgendei- nem Treffen fragen, sondern klar einen Termin zum Thema Gehalt vereinbare­n.“Was sagt sie zur oftmaligen Kränkung, nicht das angepeilte Gehalt erreicht zu haben? „Keine Verwechslu­ngen! Ihre Person, Sie als Mensch, stehen nicht zur Diskussion. Es geht um den aktuellen und auch subjektive­n Wert, den Ihr Vorgesetzt­er, den der Markt Ihren Fähigkeite­n, Ihrer Performanc­e, zumisst. Sie verkaufen Ihre Arbeitskra­ft zum bestmöglic­hen Preis – nicht mehr und nicht weniger.“

Sollte eine Gehaltsver­handlung erfolglos verlaufen, dann sei es wichtig, nicht beleidigt wegzugehen oder sich zurückzuzi­ehen, sondern: „Erörtern Sie die nichtmonet­ären Alternativ­en. Und: Definieren Sie mit Ihren Vorgesetzt­en Ziele bis zum nächsten Gehaltsges­präch. Was soll bis zum nächsten Verhandlun­gstermin erreicht werden?“

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