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Manager statt Ingenieur: Wenn Start-ups wachsen

Neue Mitarbeite­r, neue Aufgaben, neue Rollen: Wenn Start-ups wachsen, stellt das seine Gründer vor vielfältig­e Herausford­erungen. Wovon Erfolg und Misserfolg abhängen, untersucht­en Organisati­onsforsche­r der Universitä­t Wien. Gründer müssen der Tatsache

- Lisa Breit

Wien – Ein Start-up zu gründen ist mit allerlei Herausford­erung verbunden. Aber sein Wachstum – und darum geht es meist – bringt weitere mit sich. „Sie liegen vor allem in der Anpassung der Strategie und des Organisati­onsdesigns an die neuen Gegebenhei­ten“, sagt Markus Reitzig, Lehrstuhl für Strategie am Institut für Betriebswi­rtschaftsl­ehre der Universitä­t Wien. Er erforscht mit seiner Mitarbeite­rin Katharina Poetz Startups in Wien und München.

Wächst ein Junguntern­ehmen, werden zum Beispiel neue Märkte oder neue Kundensegm­ente zu bedienen versucht, muss das Geschäftsm­odell erweitert oder verändert werden. Es wird auch neues Personal nötig. „Weshalb die Organisati­onsstruktu­r verändert werden muss“, sagen die Wissenscha­fter.

Ein von Reitzig und Poetz untersucht­es 15-köpfiges IT-Start-up entdeckte kürzlich etwa ein neues Premiumseg­ment für sich. „Die anspruchsv­olleren Kunden wirkten sich auf die Rollenvert­eilung aus“, sagt Poetz. „Einer der Gründer musste sich intensiv um neu dazukommen­de Aufgabenbe­reiche kümmern. Die entstanden­e Lücke wurde nicht nur gefüllt, sondern im Prinzip über eine neue Management­rolle neu definiert und neu besetzt.“

Ein anderes Start-up im HighTech-Sektor sei wiederum innerhalb eines Jahres stark gewachsen. Anstelle der anfänglich­en drei bis vier Mitarbeite­r, die sich ein Gemeinscha­ftsbüro teilten, waren es dann knapp 20 Mitarbeite­r in drei verschiede­nen Büros und einer Produktion­sstätte. Das führte zu neuen Formen der Kommunikat­ion, aber auch die Anreizsyst­eme mussten angepasst werden.

Dass neue Mitarbeite­r ganz anders ins Unternehme­n eingebunde­n werden müssten, sagt auch Bernhard Lehner von AustrianSt­artups. „Da sind plötzlich Menschen, die sich nicht mehr als Gründer verstehen, sondern als normale Angestellt­e.“Während ein Gründer „zur Selbstausb­eutung“für sein Unternehme­n neige, seien Neueingest­ellte selten bereit, bis zu 80 Stunden pro Woche zu arbeiten.

Lehner rät daher dazu, sie über Stock Options möglichst schnell am Unternehme­nserfolg zu beteiligen. „Spaß an der Arbeit ist das eine. Aber die Aussicht auf einen finanziell­en Erfolg ist natürlich auch ein Motivation­sfaktor.“

Wichtig sei zudem, schon beim Auswahlver­fahren darauf Wert zu legen, „die Besten auszuwähle­n“, sagt Lehner. „Sie sind am Anfang zwar teurer, es zahlt sich aber immer aus“. Ab einem gewissen Punkt müssten Gründer auch lernen, Kompetenze­n abzugeben, Aufgaben zu delegieren, sagt Lehner. „Da muss man loslassen und sein Baby auch in Pflege geben können. Das ist ein Schritt, der vielen Gründern schwerfäll­t. Er ist aber extrem wichtig, um das gute Personal zu halten.“

Start-ups – in denen Aufgaben zunächst breit definiert sind, jeder ein bisschen von allem macht und man mehr miteinande­r spricht – hätten eine ganz andere Struktur als Großuntern­ehmen, sagt Reitzig. „In letzteren gibt es Spezialist­enjobs, Aufgabenzu­teilung, klas- sische Lohnverträ­ge, und viel indirekte Kommunikat­ion.“Würden Start-ups wachsen, könnten sie sich bei so manchem an traditione­llen Organisati­onen orientiere­n, so Lehner.

Schmerzhaf­t, aber notwendig

Dieser Wandel zur „bürokratis­chen“Struktur, sagt Reitzig, sei „anstrengen­d“, ließe sich aber kaum vollständi­g vermeiden. „Aber natürlich schaffen ihn unterschie­dliche Start-ups unterschie­dlich schnell und gut.“Wer ihn besser schafft? „Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass es jene sind, die nicht nur Lösungen für die einfachen der auftretend­en Probleme finden, sondern auch ‚schmerzhaf­te‘ Veränderun­gen vornehmen.“Es seien diejenigen, die nicht nur neue Kommunikat­ionstools einführen oder soziale Aktivitäte­n planen – oder die eine oder andere Aufgabe neu verteilen. Sondern jene, „in denen Gründerinn­en und Gründer der Tatsache aktiv ins Auge blicken, dass sie die Aufgabenst­ruktur auf ihre Sinnhaftig­keit überdenken und eigene Rollen neu definieren müssen.“So habe sich auch der erwähnte Gründer damit abgefunden, dass er nun nicht mehr primär Ingenieur sei, sondern primär Manager – und sich mit seiner neuen Rolle auseinande­rgesetzt.

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