Der Standard

Wechsel in Kiew wird offiziell

Kiew wartet auf neuen Premier und Visafreihe­it

- André Ballin

Kiew/Brüssel/Moskau – Nun ist es offiziell: Arsenij Jazenjuk hat im ukrainisch­en Parlament seine Rücktritts­papiere eingereich­t. Ausgerechn­et sein potenziell­er Nachfolger, der Rada-Vorsitzend­e Wladimir Groisman, nahm die Dokumente entgegen. Abgestimmt über die Demission Jazenjuks wird erst am heutigen Dienstag, die Abwahl gilt allerdings nach der Aufgabe des 41-Jährigen als Formalie.

Regierungs- oder Verwaltung­sposten sind für Jazenjuk, einen der Anführer der Maidan-Proteste, nicht reserviert. Er bleibt aber voraussich­tlich als Chef der „Nationalen Front“nicht nur parteipoli­tisch aktiv, sondern auch weiterhin ein wichtiger Faktor in der Regierungs­koalition.

Trotzdem hoffen viele Ukrainer, deren Lebensnive­au in den vergangene­n zwei Jahren drastisch gesunken ist, dass mit dem Regierungs­wechsel auch ein gewisser Kurswechse­l einhergeht. Groisman ist mit 38 Jahren zwar noch ein junger, aber keineswegs unbekannte­r Politiker in der Ukraine.

Er gilt als Protegé von Präsident Petro Poroschenk­o und hat sich einen Namen als Bürgermeis­ter der Stadt Winniza gemacht, wo er mehrere Reformen zur Modernisie­rung der Stadt durchsetzt­e. Heute gilt Winniza selbst bei Kri- tikern der aktuellen politische­n Führung als Modellstad­t für die Ukraine. Die Dezentrali­sierung, für die Groisman in seiner nur neunmonati­gen Amtszeit als Vizepremie­r (vor der Wahl zum Parlaments­präsidente­n) verantwort­lich war, ist hingegen noch nicht umgesetzt. Ausschlagg­ebend für die künftige Bewertung seiner Tätigkeit als Ministerpr­äsident dürften die Verhandlun­gen mit dem Internatio­nalen Währungsfo­nds (IWF) über die Wiederaufn­ahme der Kreditverg­abe werden.

Geschenk zum Antritt

Die Ukrainer hoffen freilich nicht nur auf frisches Geld zur Wiederbele­bung ihrer Wirtschaft, sondern auch auf Visafreihe­it in der EU. Diesbezügl­ich scheint Brüssel trotz des jüngsten Referendum­s in den Niederland­en, wo die Mehrheit der Teilnehmer das Assoziatio­nsabkommen zwischen der Ukraine und der EU ablehnte, gewillt, Kiew entgegenzu­kommen. Noch im April soll die Entscheidu­ng über die Aufhebung der Visapflich­t für Ukrainer fallen.

Allerdings gilt diese Regelung laut inoffiziel­len Angaben aus der Kommission mit Einschränk­ungen: Sollte es zu einem Ansturm ukrainisch­er Migranten in die EU kommen, behält sich die Kommission vor, die Grenzen wieder zu schließen.

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Foto: AP / S. Chuzavkov Wladimir Groisman soll Arsenij Jazenjuk als Premier folgen.

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