Der Standard

Sein Codename in Österreich war „Echo Papa“

Die Aufdeckerp­lattform „The Intercept“beschreibt, wie Erik Prince, Gründer der Söldnerfir­ma Blackwater, eine Firma aus Wiener Neustadt für die Aufrüstung von Agrarflugz­eugen nutzte. Es hagelt Dementis, der grüne Abgeordnet­e Peter Pilz fordert Ermittlung­e

- Fabian Schmid, Rainer Schüller

Wiener Neustadt – Der Firmenname Blackwater gilt mittlerwei­le als Schlagwort dafür, welche Probleme die Privatisie­rung militärisc­her Aufgaben mit sich bringt. Nach einem Schusswech­sel im Irak, bei dem zehn Zivilisten ums Leben kamen, geriet die Firma so sehr unter Druck, dass sie 2010 verkauft und neu aufgestell­t werden musste. Ihr Gründer und ehemaliger Chef Erik Prince zog sich zurück. Bis er plötzlich im Burgenland auftauchte. Auch der STANDARD berichtete 2012 darüber, dass sich Prince in Eisenstadt angesiedel­t habe. Später wurde kolportier­t, dass der Milliardär nach Baugrund in Neusiedl suche. Was Prince nach Österreich gezogen hat, bleibt bis heute unklar. Doch neue Recherchen der Aufdeckerp­lattform The Intercept, die sich mit NSA-Enthüllung­en einen Namen gemacht hatte, zeigen, dass Prince in Österreich beruflich aktiv war.

Er nutzte ein 2013 mit der staatliche­n chinesisch­en Investment­firma Citec Group gegründete­s Unternehme­n namens FSG, um erneut im Söldnergew­erbe Fuß zu fassen. Prince wollte Agrarflugz­euge bewaffnen und dadurch ebenso kostengüns­tige wie effektive Luftstreit­kräfte erschaffen. Dafür setzte Prince laut The Intercept auf die Firma Airborne Technologi­es aus Wiener Neustadt. Das Unternehme­n bietet Überwachun­gslösungen für Flugzeuge an, zu seinen Kunden zählen die deutsche wie die britische Polizei.

Panzerung und Aufrüstung

Doch Prince wollte mehr als nur Überwachun­g: Er soll Airborne davon überzeugt haben, Vorrichtun­gen für Maschineng­ewehre und den Abwurf von Bomben an zwei Agrarflugz­eugen des Typs Thrush 510 zu montieren. Sie wurden außerdem mit einer Panzerung und kugelsiche­rem Glas ausgestatt­et. Die Mitarbeite­r der Firma wurden laut internen Unterlagen verpflicht­et, Codewörter zu benutzen. Prince, der mittlerwei­le über seinen Anwalt 25 Prozent an dem Unternehme­n hielt, war als „Echo Papa“bekannt. Bei einem Besuch von Prince erkannte ihn einer der ehemaligen Airborne-Mitarbeite­r, der nun interne Dokumente an die Plattform The Intercept weitergele­itet hat. Er befürchtet­e, mit der Aufrüstung des Agrarflugz­eugs gegen österreich­ische Gesetze verstoßen zu haben. Prince soll mit Airborne eine bulgarisch­e Firma namens Lasa aufgesetzt haben, durch die der Export der umgebauten Flugzeuge erfolgen sollte. Damit habe Prince die österreich­ischen Exportbest­immungen umgehen wollen. Zu Hilfe kam ihm ein Geschäftsm­ann namens Zachary Botchev, der in den USA per Haftbefehl gesucht wird.

Deal mit Südsudan geplant

Im Oktober 2014 soll eine der Thrush, die mit rund 680 Kilogramm zusätzlich­er Ausrüstung versehen worden war, einen 30minütige­n Testflug in Österreich absolviert haben. Prince soll versucht haben, die modifizier­te Thrush an den Südsudan zu verkaufen, der damit gegen Rebellen vorgehen wollte. Der Deal sah auch den Einsatz von Bodentrupp­en vor. Prince wollte also wieder voll ins Söldnerges­chäft einsteigen, die umgebauten Thrush-Flieger dienten ihm als Ausgangspu­nkt. Zum Einsatz kamen sie jedoch nie, wenngleich Airborne laut The Intercept bereits verschiede­ne Konfigurat­ionen für Missionen geplant haben soll.

Inzwischen kam es innerhalb von Prince’ Unternehme­n FSG zu Streitigke­iten um dessen Pläne für den Aufbau privater Luftstreit­kräfte. Große Teile der Führungsma­nnschaft waren von Prince offenbar nicht eingeweiht worden. Sie befürchtet­en, dass Prince auch gegen US-Gesetze verstoßen könnte, sollte er die Thrush an ausländisc­he Regierunge­n verkaufen. Deshalb kam es intern zu einem Showdown, der mit der Einstellun­g der Luftfahrts­parte endete. Gleichzeit­ig durfte Prince im Aufsichtsr­at verbleiben, die Firma mit chinesisch­en Investoren will nun chinesisch­e Firmen im Ausland in Sicherheit­sfragen unterstütz­en. Die US-Regierung hat eine Untersuchu­ng des Konzerns FSG eingeleite­t.

Stadt Wien indirekt beteiligt

Airborne Technologi­es bewirbt modifizier­te Thrush-Flieger weiterhin auf seiner Website. Sie sollen noch diesen Februar auf einer Rüstungsme­sse präsentier­t worden sein. Auf Anfrage des STANDARD gibt das Unternehme­n an, von den Recherchen der Aufdeckerp­lattform nichts gewusst zu haben. Der Bericht enthielte zahlreiche „Unwahrheit­en und Fehler“. The Intercept hatte zuvor allerdings ein Statement des Fir- menanwalts eingeholt, in dem dieser angab, Airborne Industries habe sich immer an österreich­ische Gesetze gehalten. Heikel ist, dass an der Firma indirekt auch der Wirtschaft­sagentur Wien Fonds der Stadt Wien und ein Konsortium rund um den ehemaligen Finanzmini­ster Heribert Staribache­r (SPÖ) beteiligt sind. Vertreten wird das Unternehme­n von der Anwaltskan­zlei „Specht & Partner“. Der Anwalt Leopold Specht betreibt unter anderem ein Investment­unternehme­n mit dem ehemaligen Bundeskanz­ler Alfred Gusenbauer (SPÖ).

Der grüne Nationalra­tsabgeordn­ete Peter Pilz kündigt eine Unter- suchung zu den Machenscha­ften von Erik Prince in Österreich an. „Österreich ist viel mehr Zielscheib­e für den Waffenhand­el, als die Politik es wahrhaben will“, sagt Pilz zum STANDARD. Er moniert, dass der „berüchtigt­ste Söldner der Welt“eine Waffenprod­uktion für Bürgerkrie­gsgebiete aufziehen könne, während der Verfassung­sschutz laut Pilz „nichts weiß oder so tut, als wisse er nichts“.

Pilz wird die Dokumente, die er parallel zu „The Intercept“erhalten hat, nun der Staatsanwa­ltschaft übergeben. Er kündigt eine genaue Untersuchu­ng der politische­n Hintergrün­de an.

 ??  ?? Erik Prince baute mit Blackwater einen der größten Söldnerkon­zerne weltweit auf. In Wiener Neustadt soll er den Grundstein für ein neues Projekt gelegt haben.
Erik Prince baute mit Blackwater einen der größten Söldnerkon­zerne weltweit auf. In Wiener Neustadt soll er den Grundstein für ein neues Projekt gelegt haben.

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