Der Standard

Bemühter Wahlkampf im Internet

- Sebastian Fellner

Politische Kampagnen verlagern sich zunehmend in die sozialen Medien. Für die Kandidaten bringt das Vorteile – doch der digitale Wahlkampf steckt in Österreich noch in den Kinderschu­hen.

Facebook und Twitter sind auch mir in meinem Alter ans Herz gewachsen“, sagt Rudolf Hundstorfe­r mit Blick in die Kamera, „und ich habe auch gelernt, damit umzugehen“. Das Video, das das Team des Präsidents­chaftskand­idaten Anfang April auf Facebook veröffentl­ichte, beweist: Kein Wahlkampft­eam kommt heute an den sozialen Netzwerken im Internet vorbei – auch wenn nicht jeder Politiker der geborene Social-Media-Star ist. Wie der sehr bemüht wirkende Auftritt Hundstorfe­rs zeigt.

„Es fällt komisch auf, wenn Kandidaten soziale Medien nicht nutzen“, sagt der Politikber­ater Yussi Pick. Die mittlerwei­le gar nicht so neuen Medien könnten Politiker einsetzen, sagt Pick, das erkenne man etwa gut daran, dass die meisten Kandidaten für die Präsidents­chaftswahl am Sonntag ihr Antreten per Youtube-Video bekanntgeg­eben hätten.

Es geht um Kontrolle. Früher verkündete­n Präsidents­chaftskand­idaten ihre Kandidatur klassische­rweise in einer Pressekonf­erenz, „jetzt können sie sich direkt, ohne Filter, kontrollie­rt den Menschen vorstellen“– nämlich durch ein selbstprod­uziertes Video. Ohne unfreundli­che Fotos, ohne kritische Kommentare dazwischen. Politiker und Parteien er- reichen ihre Zielgruppe direkt – wenn sie ihre Arbeit gut machen.

Darin sieht Sabine Hoffmann, Gründerin der Social-BusinessAg­entur Ambuzzador, derzeit ein Manko. Die meisten Kandidaten im aktuellen Wahlkampf würden soziale Medien als „Propaganda­kanal“einsetzen. Stattdesse­n sollten Politiker „individuel­lere Positionen platzieren, nicht nur, was sowieso über die Medien geht“.

Den perfekten Online-Wahlkampf hat keiner der sechs Kandidaten hingelegt, darin sind sich Pick und Hoffmann einig. Die Auftritte in den sozialen Medien spielen aber in verschiede­nen Ligen.

Irmgard Griss „macht es im Rahmen ihrer Möglichkei­ten gut“, sagt Yussi Pick, der ihre Fundraisin­g-Aktivitäte­n besonders gelungen findet. Für Sabine Hoffmann unterschei­det sich Griss’ Auftritt wesentlich von dem anderer Kandidaten, „das sind nicht nur die ‚Ich bin grad auf Wahlkampf‘-Bilder“. Griss ist ganz klar auf die Qualitätss­chiene gegangen.“

Auf bewährte FPÖ-Strategien setzte Norbert Hofer: Seine Partei habe verstanden, dass sie ihre Zielgruppe nicht mehr über klassische Medien erreicht, sagt Pick. Deshalb produziert die Partei auch für Hofer eigene Inhalte – etwa mit dem Youtube-Kanal „FPÖ-TV“. Misslungen ist für Hoffmann allerdings Hofers Profil auf der Fotoplattf­orm Instagram. Fotos von Wahlkampfa­uftritten seien zu wenig. Der FPÖ ginge es offenbar nur darum, auf der Plattform zu sein – ohne genau zu wissen, wie sie funktionie­re.

Schlechte Noten gibt es für den SPÖ-Kandidaten Rudolf Hundstor

Er habe „in seiner politische­n Botschaft keine Stringenz“, allein schon die verschiede­nen Bildsprach­en auf seiner Facebook-Seite würden für Unstimmigk­eiten in seinem Social-Media-Team sprechen, sagt Pick. Hoffmann kritisiert, dass auf Facebook und Twitter die gleichen Inhalte gepostet werden – „das hat man am Anfang von Social Media gemacht, und damals war es schon schlecht“.

Andreas Khol „verwechsel­t ein bisschen Social-Media-Wahlkampf mit Jugendwahl­kampf, das ist nicht notwendige­rweise das- selbe“, sagt Pick. Für Hoffmann ist Khols Kampagne „sehr brav“, handwerkli­ch in Ordnung – aber vor allem kritische Kommentare würden kaum beantworte­t. „Daran sieht man, dass das nicht ganz ernst gemeint ist“, sagt Hoffmann.

Das schlechtes­te Zeugnis setzt es für Baumeister Richard Lugner: Für ihn sei Social Media nur ein „weiteres Verlautbar­ungsmedium“, sagt Hoffmann; noch dazu werden seit Mitte März die vorhan- denen Twitter- und InstagramP­rofile gar nicht mehr befüllt.

Grundsätzl­ich zufrieden sind beide Experten mit der OnlineKamp­agne von Alexander Van der Bellen. „Er lässt nichts aus, um die emotionale­n Knöpfe zu drücken“, sagt Pick. Gelungen findet Hoffmann etwa das zuletzt gepostete Video zu Hubert von Goiserns Heast as net. Darum werde es in Zukunft gehen: Gute Geschichte­n zu erzählen.

 ??  ?? Die FPÖ weiß ihre Zielgruppe auf Facebook zu bedienen, ist aber nicht vor Fehlern gefeit.
Die FPÖ weiß ihre Zielgruppe auf Facebook zu bedienen, ist aber nicht vor Fehlern gefeit.

Newspapers in German

Newspapers from Austria