Der Standard

Eine Ladung Frust auf dem Buckel

Rudolf Hundstorfe­r schleppt seine Vergangenh­eit in der Regierung mit

- Gerald John

Die Genossen können nicht behaupten, es hätte sie niemand gewarnt. Als Rudolf Hundstorfe­rs Kandidatur besiegelt wurde, gab es zwar Standing Ovations im Parteipräs­idium, aber auch skeptische Stimmen hinter vorgehalte­ner Hand. Leutselig sei er ja, der Rudi, aber nicht rasend telegen und vom Habitus her kein „Natural Born President“wie Heinz Fischer. Vor allem jedoch war eines zu befürchten: dass Hundstorfe­r als einziges Ex-Regierungs­mitglied unter den Bewerbern den ganzen Frust über das politische Establishm­ent erbt.

Glaubt man Umfragen, dann könnte es genau so kommen. Laut Zwischenst­and scheint die Stichwahl fern – und so könnte Hundstorfe­r das mächtige Sozialmini­sterium letztlich für ein flüchtiges Abenteuer aufgegeben haben.

Reingeritt­en hat ihn niemand, der 64-Jährige stellte sich quasi selbst auf. Einem wie ihm, dem mächtigen Gewerkscha­fter, wird in der Faymann’schen SPÖ nichts abgeschlag­en, die Kandidatur war seit Langem absehbar. Umso mehr überrascht es, dass die Sozialdemo­kraten ihren Startvorte­il nicht nützten. Solange Hundstorfe­r ein ganzes Ministeriu­m im Rücken hatte, hätte er alle Möglichkei­ten gehabt, sich und das auf ihn zugeschnit­tene Sozialthem­a ins Rampenlich­t zu rücken – Fehlanzeig­e.

Die Offensive lief auch in der heißen Phase des Wahlkampfe­s zäh an. Beim Flüchtling­sthema sitzt Hundstorfe­r, der wohl oder übel die Regierungs­linie verteidige­n muss, zwischen den Stühlen: Er wird es FPÖ-Anhängern damit nicht recht machen können, wohl aber linksliber­ale Wechselwäh­ler in Van der Bellens Arme treiben.

Überzeugen­d war Hundstorfe­r dann, wenn er der bodenständ­ige Mann aus dem Volk mit dem richtigen Gespür für die Leut’ sein durfte; die Rolle des Staatsmann­es hingegen wirkte manchmal etwas aufgesetzt, bis hin zu den per Bildbearbe­itung arg geglättete­n Plakatfoto­s. In die TV-Duelle des ORF ging er gut vorbereite­t, ließ mit der Zeit aber eine gewisse Angefresse­nheit durchblitz­en – um sich mit Andreas Khol schließlic­h ein Hickhack zu liefern, wie es so viele an Rot-Schwarz hassen.

Rückhalt kommt von der Kronen Zeitung, doch diese Symbiose ist keine Erfolgsgar­antie: Bei der Kampagne gegen die Wehrpflich­t waren Hundstorfe­r und das Kleinforma­t einträchti­g gescheiter­t.

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