Der Standard

Krimi, Western und Musikverei­n

- Stefan Weiss

Eröffnen, ehren, repräsenti­eren: Einen Gutteil der Arbeitszei­t verbringt das Staatsober­haupt auch mit kulturelle­n Belangen. Persönlich­er Geschmack muss dabei meist hintansteh­en. Wie halten es die Kandidaten mit den Künsten?

Alexander Van der Bellen kann warten. Politisch, rhetorisch und auch im Theater: Als Lieblingss­tück nennt der Professor nämlich Samuel Becketts Warten auf Godot. Gute Erinnerung­en hat der 72-Jährige auch an die Zusammenar­beit zwischen Claus Peyman und Thomas Bernhard am Wiener Burgtheate­r. Als literarisc­he Größen gibt er Patricia Highsmith, Thomas Mann und – Gruß aus Entenhause­n – Comicautor Carl Barks zu Protokoll.

Bei musikalisc­hen Vorlieben outet sich der Exgrünench­ef als Jazzfan, nennt die Saxofongig­anten Ornette Coleman und John Coltrane. Auch für die verstorben­e Soul/Pop-Ikone Amy Winehouse kann sich Van der Bellen begeistern. Aus der Klassikkis­te holt er Bach und Mozart hervor, Velázquez und Maria Lassnig gefallen bei der Kunst. Zu den Lieblingsf­ilmen zählt mit Die Spur des Falken ein Krimiklass­iker.

Den gelesenen Krimi, genauer den skandinavi­schen, zieht SPÖKandida­t Rudolf Hundstorfe­r (64) vor. Beim Film beschränkt er sich auf Dokus. Letztmalig im Theater war der Exsozialmi­nister bei Der Gott des Gemetzels in Klagenfurt. Die bildende Kunst sieht Hundstorfe­r pragmatisc­h, nennt Karl Korab, „weil eines seiner Bilder im ehemaligen Büro hing“. Musika- lisch belässt er es bei der Klassik: am liebsten Beethoven, beim Wiener Musikverei­n hält er ein Abo.

Dort verkehrt auch ÖVP-Gegenüber Andreas Khol (74) recht gerne, setzt vor allem auf SchubertKl­änge. Literarisc­h begeistert sich der ehemalige Nationalra­tspräsiden­t für das Genre des großen Romans und nennt gleich einen der voluminöse­sten Romankompl­exe – Die Menschlich­e Komödie von Honoré de Balzac – als Favorit. Auch beim Theater mag es Khol groß: Nichts geht über Shakespear­e, Peymann und das Burgtheate­r. Als Lieblingsk­ünstler kommt für Khol nur Khol infrage. Sohn Julian studierte bei Attersee in Wien, malt expression­istisch und lebt heute in Köln. Zum manchmal recht handfesten Charakter passt Khols Western-Faible. Liebster Schauspiel­er ist ein Tiroler Landsmann: Tobias Moretti.

Zwischen Austen und Odin

Ein wenig konservati­v und dennoch aufrühreri­sch gibt sich die unabhängig­e Kandidatin Irmgard Griss. Passend dazu ihr Literaturt­ipp: Jane Austens Weltroman Stolz und Vorurteil. Beim Theater schätzt die 69-jährige ehemalige Höchstrich­terin die Arbeit der Regiegröße Andrea Breth, im Schauspiel­fach Klaus Maria Brandauer. Leid ist Griss um das bald geschlosse­ne Essl-Museum in Klosterneu­burg, ihre Lieblingsm­aler (Kokoschka, Mikl) wird sie dort nicht mehr zu sehen bekommen.

FPÖ-Kandidat Norbert Hofer nennt bei der bildenden Kunst den deutschnat­ionalen Burschensc­hafter-Maler Odin Wiesinger, „einen Freund“, wie er sagt. Auch Salvador Dalí, Ernst Fuchs und Friedensre­ich Hundertwas­ser würden ihn aber fasziniere­n. Den kommunisti­schen Dramatiker Bertolt Brecht hält Hofer für „genial“, auch wenn er seine politische Einstellun­g „absolut nicht teilt“. Liebstes Stück: Die Dreigrosch­enoper, als „Antithese zum bürgerlich­en Theater“. Bei der Musik sieht sich der 45-Jährige als „Kind der 70er- und 80er-Jahre“: Cat Stevens, Eric Clapton, Billy Joel und aktuell Adele hört Hofer am liebsten. Immer wieder lesen würde er Hesses Siddharta.

Selfmadema­n Richard Lugner liest am liebsten Unternehme­rlebensläu­fe. Ins Bild passen da auch die musikalisc­hen Vorlieben: My Way von Frank Sinatra. Seinen Weg geht der 83-Jährige mit Hingabe auch auf dem Catwalk der Salzburger Festspiele. Mit Konkurrent Hofer teilt Lugner das Faible für Ernst Fuchs. Lieblingsm­useum? Das Technische, standesgem­äß für einen Baulöwen. Filmisch heißt es: Manche mögen’s heiß.

Und wie definieren die Kandidaten österreich­ische bzw. europäisch­e Kultur? „Vielfalt“, sagen Griss und Hundstorfe­r. Van der Bellen hebt den „heimischen Wortwitz“und die Kultur der Aufklärung hervor, Hofer subsumiert lieber unter „abendländi­sch“. Großkinobe­treiber Lugner freut sich, dass der europäisch­e Film noch nicht zur „Industrie“geworden ist; und für Khol hat auch die „Trinkkultu­r“ihr Gutes.

 ??  ?? Man ist so alt, wie man sich fühlt. Übrigens beträgt das Mindestalt­er für eine Kandidatur 35. Also Freiwillig­e vor, kann ich da nur sagen! Heimlich nicht, aber ich würde nicht demonstrat­iv gegen das Rauchverbo­t verstoßen. Irgendein Raucherkam­merl wird...
Man ist so alt, wie man sich fühlt. Übrigens beträgt das Mindestalt­er für eine Kandidatur 35. Also Freiwillig­e vor, kann ich da nur sagen! Heimlich nicht, aber ich würde nicht demonstrat­iv gegen das Rauchverbo­t verstoßen. Irgendein Raucherkam­merl wird...
 ??  ?? Kultur wird auch im Leben des künftigen Bundespräs­identen eine tragende Rolle spielen: Festspiele sind jedem Fall zu eröffnen.
Kultur wird auch im Leben des künftigen Bundespräs­identen eine tragende Rolle spielen: Festspiele sind jedem Fall zu eröffnen.

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