Krimi, Western und Musikverein
Eröffnen, ehren, repräsentieren: Einen Gutteil der Arbeitszeit verbringt das Staatsoberhaupt auch mit kulturellen Belangen. Persönlicher Geschmack muss dabei meist hintanstehen. Wie halten es die Kandidaten mit den Künsten?
Alexander Van der Bellen kann warten. Politisch, rhetorisch und auch im Theater: Als Lieblingsstück nennt der Professor nämlich Samuel Becketts Warten auf Godot. Gute Erinnerungen hat der 72-Jährige auch an die Zusammenarbeit zwischen Claus Peyman und Thomas Bernhard am Wiener Burgtheater. Als literarische Größen gibt er Patricia Highsmith, Thomas Mann und – Gruß aus Entenhausen – Comicautor Carl Barks zu Protokoll.
Bei musikalischen Vorlieben outet sich der Exgrünenchef als Jazzfan, nennt die Saxofongiganten Ornette Coleman und John Coltrane. Auch für die verstorbene Soul/Pop-Ikone Amy Winehouse kann sich Van der Bellen begeistern. Aus der Klassikkiste holt er Bach und Mozart hervor, Velázquez und Maria Lassnig gefallen bei der Kunst. Zu den Lieblingsfilmen zählt mit Die Spur des Falken ein Krimiklassiker.
Den gelesenen Krimi, genauer den skandinavischen, zieht SPÖKandidat Rudolf Hundstorfer (64) vor. Beim Film beschränkt er sich auf Dokus. Letztmalig im Theater war der Exsozialminister bei Der Gott des Gemetzels in Klagenfurt. Die bildende Kunst sieht Hundstorfer pragmatisch, nennt Karl Korab, „weil eines seiner Bilder im ehemaligen Büro hing“. Musika- lisch belässt er es bei der Klassik: am liebsten Beethoven, beim Wiener Musikverein hält er ein Abo.
Dort verkehrt auch ÖVP-Gegenüber Andreas Khol (74) recht gerne, setzt vor allem auf SchubertKlänge. Literarisch begeistert sich der ehemalige Nationalratspräsident für das Genre des großen Romans und nennt gleich einen der voluminösesten Romankomplexe – Die Menschliche Komödie von Honoré de Balzac – als Favorit. Auch beim Theater mag es Khol groß: Nichts geht über Shakespeare, Peymann und das Burgtheater. Als Lieblingskünstler kommt für Khol nur Khol infrage. Sohn Julian studierte bei Attersee in Wien, malt expressionistisch und lebt heute in Köln. Zum manchmal recht handfesten Charakter passt Khols Western-Faible. Liebster Schauspieler ist ein Tiroler Landsmann: Tobias Moretti.
Zwischen Austen und Odin
Ein wenig konservativ und dennoch aufrührerisch gibt sich die unabhängige Kandidatin Irmgard Griss. Passend dazu ihr Literaturtipp: Jane Austens Weltroman Stolz und Vorurteil. Beim Theater schätzt die 69-jährige ehemalige Höchstrichterin die Arbeit der Regiegröße Andrea Breth, im Schauspielfach Klaus Maria Brandauer. Leid ist Griss um das bald geschlossene Essl-Museum in Klosterneuburg, ihre Lieblingsmaler (Kokoschka, Mikl) wird sie dort nicht mehr zu sehen bekommen.
FPÖ-Kandidat Norbert Hofer nennt bei der bildenden Kunst den deutschnationalen Burschenschafter-Maler Odin Wiesinger, „einen Freund“, wie er sagt. Auch Salvador Dalí, Ernst Fuchs und Friedensreich Hundertwasser würden ihn aber faszinieren. Den kommunistischen Dramatiker Bertolt Brecht hält Hofer für „genial“, auch wenn er seine politische Einstellung „absolut nicht teilt“. Liebstes Stück: Die Dreigroschenoper, als „Antithese zum bürgerlichen Theater“. Bei der Musik sieht sich der 45-Jährige als „Kind der 70er- und 80er-Jahre“: Cat Stevens, Eric Clapton, Billy Joel und aktuell Adele hört Hofer am liebsten. Immer wieder lesen würde er Hesses Siddharta.
Selfmademan Richard Lugner liest am liebsten Unternehmerlebensläufe. Ins Bild passen da auch die musikalischen Vorlieben: My Way von Frank Sinatra. Seinen Weg geht der 83-Jährige mit Hingabe auch auf dem Catwalk der Salzburger Festspiele. Mit Konkurrent Hofer teilt Lugner das Faible für Ernst Fuchs. Lieblingsmuseum? Das Technische, standesgemäß für einen Baulöwen. Filmisch heißt es: Manche mögen’s heiß.
Und wie definieren die Kandidaten österreichische bzw. europäische Kultur? „Vielfalt“, sagen Griss und Hundstorfer. Van der Bellen hebt den „heimischen Wortwitz“und die Kultur der Aufklärung hervor, Hofer subsumiert lieber unter „abendländisch“. Großkinobetreiber Lugner freut sich, dass der europäische Film noch nicht zur „Industrie“geworden ist; und für Khol hat auch die „Trinkkultur“ihr Gutes.