Der Standard

Authentizi­tät als Wahlkampfs­trategie

Van der Bellen setzt auf Van der Bellen und eine Verbreiter­ung der Wählerscha­ft

- Peter Mayr

Sie laufen für ihn, sie werben für ihn, und sie tragen mehr oder weniger sämtliche Kosten. Dennoch will der Kandidat von der Partei dieser Tage wenig wissen. Konsequent gibt Alexander Van der Bellen den unabhängig­en Kandidaten – obwohl ohne die Grünen nichts ginge und er selbst jahrelang deren Parteichef war. Auch wenn sich einige Parteifreu­nde über diese zur Schau gestellte Autonomie ärgern: Dem Auftritt von Van der Bellen hat diese Strategie gutgetan.

Die Rechnung seines Wahlkampfm­anagers Lothar Lockl, selbst langjährig­er hoher Parteimita­rbeiter, ist simpel: Für einen Nationalra­tswahlerfo­lg der Grünen braucht es ein paar Hunderttau­send Stimmen, um Bundespräs­ident werden zu können, hingegen ein Vielfaches mehr. Daher zielt die Strategie seines Teams darauf ab, eine möglichst breite, sehr unterschie­dliche Wähler- schaft anzusprech­en. Das Asset der Kampagne ist der Kandidat selbst. Van der Bellen zieht – bei Linken wie auch tief hinein ins bürgerlich­e Milieu.

Die Fernsehdue­lle hat der Kandidat routiniert gemeistert, gröbere Patzer wurden vermieden. Nur mit der Ansage, FPÖ-Chef HeinzChris­tian Strache auch dann nicht mit einer Regierungs­bildung zu beauftrage­n, wenn die FPÖ stärkste Partei würde, hat Van der Bellen durchaus irritiert.

Verantwort­lich für die Werbelinie ist Martin Radjaby-Rasset, einst Grünen-Kommunikat­ionschef. Als Geschäftsf­ührer der Werbeagent­ur Jung von Matt / Donau hat er diese ganz auf den „Sascha“zugeschnit­ten. Viele der affichiert­en Aussagen stammen direkt vom Kandidaten, auch dass der Begriff „Heimat“vorkommt, ist auf Van der Bellen zurückzufü­hren. Warum der Rechten den Heimatbegr­iff überlassen, heißt es. Es ist ein Versuch, stärker ins bürgerlich­e Lager auszustrah­len. So profession­ell die Plakate gestaltet sind, so einprägsam sind auch die Videospots – Welten trennen diese von manchen Konkurrenz­produkten.

Ob es am Ende reichen wird? Wie früher als Parteichef ist Van der Bellen Umfragekai­ser. Viele Werbemitte­l für die erhoffte Stichwahl sind jedenfalls schon fertig produziert. Zieht Van der Bellen als Sieger in die Hofburg ein, hat sich die Parteiabst­inenz gelohnt. Dann wäre er aber doch der erste grüne Bundespräs­ident.

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