Aufholjagd auf dem internationalen Parkett
Peter Pakesch, Vorsitzender der von der Künstlerin 2001 konzipierten Maria-Lassnig-Privatstiftung, will deren Werk im internationalen Kontext verankern. Am 17. Mai eröffnet die Tate Liverpool eine Retrospektive der 2014 verstorbenen Malerin.
Wien – Es war im Herbst 2011, die große österreichische Malerin Maria Lassnig war nach einem Oberschenkelhalsbruch im Krankenhaus und sprach über Schmerzen, Atembeklemmungen, Todesängste. Und darüber, dass sie sich zeitlebens als Frau wie auch als Künstlerin zu wenig be- und geachtet gefühlt habe: „Aber in der Kunst ist Eifersucht ein Ansporn.“Und bitter fügte sie hinzu: „Ich werde auch nach dem Tod noch lange nicht so gewürdigt sein, wie ich sein sollte. Das klingt hochmütig, aber es ist so.“
Am 6. Mai 2014 starb die Körperbewusstseinsmalerin. Und nationale wie internationale Aus- stellungen widerlegen ihre düstere Vorahnungen.
So eröffnet fast genau zwei Jahre nach ihrem Tod die Tate Liverpool am 17. Mai die erste große Lassnig-Retrospektive in Großbritannien, zeitgleich übrigens mit einer Francis-Bacon-Ausstellung. Lassnig hätte dieses außergewöhnlich prominente Kunst-Gipfeltreffen gewiss zutiefst befriedigt. Ebenso, dass ihre vierzig zumeist großformatigen Ölgemälde anschließend ins dänische Aalborg sowie nach Essen, Warschau und Prag weiterreisen.
Schauraum und Kunstpreis
Auch Peter Pakesch ist glücklich über die Europatournee. Der ehemalige Joanneum-Chef ist Vorsitzender der von Maria Lassnig bereits 2001 konzipierten Privatstiftung. Deren alleiniger Zweck ist „die Erhaltung und öffentliche Präsentation des Lebenswerks der Stifterin und die Erhaltung ihres künstlerischen Werkes für die Allgemeinheit“.
Stiftungssitz ist in Lassnigs ehemaligen Atelier- und Depoträumlichkeiten in der Gurkgasse im 14. Wiener Bezirk, wo bereits auf Hochtouren an der Erstellung des Werkverzeichnisses gearbeitet wird. Sammler sollten sich deshalb mit der Stiftung in Verbindung setzen. In der Gurkgasse soll auch ein Schauraum „für eine qualifizierte Öffentlichkeit“entstehen: „Hier werden wichtige Werke präsent sein, damit etwa Kuratoren und Museumsdirektoren etwas sehen können.“
Das sei kein Ansatz für ein Lassnig-Museum, zielführender als ein eigenes Museum sei allemal die globale Präsenz in privaten wie musealen Sammlungen, so Pakesch. Da gebe es dringenden Aufholbedarf. Nach dem New Yorker Museum of Modern Art, das nach Lassnigs PS1-Ausstellung zugegriffen hat, verhandelt die Stiftung zurzeit mit dem Pariser Centre Pompidou.
Das Museum Ludwig in Köln hat bereits eines ihrer letzten, schmerzvollen Schlüsselwerke erworben: Vom Tode gezeichnet (2011) hängt nun in der ständigen Schausammlung. Finanziert wird die Stiftung ausschließlich aus dem Nachlass der Künstlerin, genaue Zahlen möchte Pakesch nicht nennen, nur so viel: „Wir befinden uns im mittleren zweistelligen Millionenbereich. Wir sind dabei, die Bestände der Stiftung genau zu klassifizieren. Es gibt Werke, die in der Kernsammlung bestehen bleiben sollen. Dann welche, die mit Vorbehalten nur an Museen gegeben und solche, die verkauft werden. Und schließlich gibt es Werke, die weder gezeigt noch verkauft werden sollen: Vor allem Arbeiten aus den späten 1940er- und frühen 1950er-Jahren muss man nicht groß streuen, viele davon mochte sie selber nicht. Sie sind künstlerisch nicht relevant, aber natürlich für die For- schung und wissenschaftliche Arbeit von großer Bedeutung. Das Stiftungsvermögen ist jedenfalls sehr solide, wir können sicherlich die nächsten zehn, zwanzig Jahre gut arbeiten.“
Und sogar ab 2017 im Zweijahresrhythmus – gemeinsam mit einer noch geheimen internationalen Institution – den mit 50.000 Euro dotierten Maria-LassnigPreis vergeben: und zwar an international tätige Künstlerinnen und Künstler in ihrer Karrieremitte, denen die ihnen zustehende Aufmerksamkeit oft (noch) nicht zuteil wird. Ein Preis, wohl ganz nach Lassnigs Geschmack: Auch ihr künstlerischer Erfolg stellte sich erst ab sechzig ein. pwww. marialassnig.org