Musketier gegen Dr. Google
„En garde!“Österreichs wohl kompetentester D’ArtagnanBart-Träger und „Hausarzt der Nation“, Prof. Dr. Siegfried Meryn, hat endlich ein eigenes Sendeformat. Eifrigen HobbyHypochondern wird der vertrauenswürdige Topinternist aus der After-Work-Berieselung Heute Leben natürlich ein Begriff sein. Egal ob die Zehe zwickt oder die Kopfhaut juckt, auf Dr. Meryns Rat ist Verlass.
Freilich hält der mit höchsten Ehrenzeichen der Republik dekorierte Mediziner auch jeder unironischen Betrachtung stand. Dass das ORF-Servicefernsehen mit ihm seit Jahren eine scharfe Waffe gegen den zur Fehldiagnose neigenden Hysteriedoktor Google ins Gefecht schickt, kann man gar nicht hoch genug schätzen.
Für die vermutlich nicht unerhebliche Meryn-Fangemeinde wird nun aber sogar ein Wunschtraum wahr: Jeden Mitt- woch, spätbends auf ORF 3, lädt der Doktor ab sofort ins Sprechzimmer und diskutiert dort mit Gästen aus Medizin, Wissenschaft und Kultur drängende Probleme im Gesundheitswesen. Zum Auftakt: „Homöopathie – eine Glaubensfrage?“
„Nein“, meinte Fernsehphysiker Werner Gruber und warf der merklich um Fassung ringenden Homöopathin in bester Politainment-Manier einen dicken Packen Studien zur Wirkungslosigkeit auf den Tisch. „Humbug! Ein teures Placebo!“
Dr. Meryn, in der Rolle des Moderators noch auf Assistenzarztniveau, hatte Mühe, seinem Ruf als kalmierende Stimme der Vernunft nachzukommen. Für einordnende Worte blieb dem ins Schwitzen Geratenen nur noch der Abspann. Er, der sonst antwortet, ließ uns erstmals fragend zurück. Ein Jammer! Seine Gäste hatten schlicht nicht begriffen, wem wir hier wirklich vertrauen. p derStandard.at/TV-Tagebuch