Der Standard

Das „Elefanteng­edächtnis“der Öffentlich­keit

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Zum Freispruch von Walter Meischberg­er schreibt Leser Peter N.: „Der Rechtsstaa­t hat richtig gehandelt, die anderen Institutio­nen unserer Demokratie, Parlament und Regierung, aber auch die Medien, haben versagt. Als Staatsbürg­er erwarte ich mir, dass so eine Person vom Elefanteng­edächtnis der Öffentlich­keit registrier­t wird und, wenn sie im Kreis der Macht, konkret des Finanzmini­sters auftaucht, dass beide und deren Freundeskr­eis journalist­isch investigat­iv verfolgt werden. Grasser hätte sich aufgrund seines auffällige­n Verhaltens von Anfang an als Ziel für einen investigat­iven Journalist­en angeboten. Phänomene wie der seinerzeit­ige Club 45 sind, unabhängig von der ideologisc­hen Färbung, omnipräsen­t in unserer Gesellscha­ft. Sie gehören, bevor die handelnden Personen straffälli­g werden können, transparen­t gemacht. Hier bedarf es eines Zusammensp­iels von investigat­iven Medien und parlamenta­rischer Opposition.“nd einer entspreche­nden Reaktion des Wählers darf man hinzufügen. Meischberg­er & Co sind Chiffren für das Einsickern eines Freundeskr­eises, der mit der Regierungs­beteiligun­g der FPÖ 2000–2006 in die unmittelba­re Nähe der Macht kam. „Da haben wir viele Geschäfte gemacht“, sagte Meischberg­er im Prozess selbst.

Die ruinösen Interventi­onen von Jörg Haider als Landeshaup­tmann bei der Hypo Alpe Adria wurden jetzt im HypoUnters­uchungsaus­schuss vom ehemaligen Staatsanwa­lt Georg Krakow, der eine Zeit „Aufräumer“bei der Hypo war, bestätigt.

All das hat die Wähler aber

Unur mäßig beeindruck­t. Sie wählen nach einer gewissen Schreckpau­se wieder massiv FPÖ und bringen sie so in die Nähe einer Kanzlermeh­rheit. Dass jetzt andere am Ruder sind als Haider und Meischberg­er, ist nur für den ein Argument, der die gleichblei­bende Grundstruk­tur autoritäre­r, rechtspopu­listischer Phänomene nicht erkennen kann oder will. m Sonntag wird auch der Präsidents­chaftskand­idat der FPÖ ein sehr beachtlich­es oder gar ein sensatione­lles Ergebnis einfahren. Im Bewusstsei­n dessen ließ er sich in der „Elefantenr­unde“zu einer Äußerung hinreißen, die nur als Drohung verstanden werden kann: „Sie werden sich noch wundern, was einem Bundespräs­identen alles möglich ist“. Hier schimmert unter der bubenhafte­n Freundlich­keit die eiskalte Entschloss­enheit durch, diesen Staat im Sinne eines autoritäre­n, völkischen Systems umzubauen. Beweise? Die gesammelte­n Äußerungen der FPÖ-Führungen der letzten dreißig Jahre.

Die Autoritäre­n kündigen immer an, was sie wollen. Nur ihre Wähler sind dann immer ganz überrascht von dem, was offensicht­lich war. Lieber Leser Peter N., die investigat­iven Medien (und die analytisch­en Kommentato­ren) sind fast immer dem strengen Geruch der verschiede­nen Freundeskr­eise vom Club 45 über Haiders Buberlpart­ie bis zur Grassertru­ppe intensiv nachgegang­en. Oft von Anfang an, als ein Haider oder Grasser noch bewunderte Talente waren. Vor allem aber: Die Öffentlich­keit hat offensicht­lich zu einem großen Teil kein „Elefanteng­edächtnis“und wählt, kaum sind ein paar Jahre vergangen, dieselbe Partie wieder, weil sie deren „Leistungen“verdrängt bzw. deren autoritär-nationalis­tische Linie mehr schätzt. hans.rauscher@derStandar­d.at

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