Zwei von drei Stichwahlen gewann der Zweite
Norbert Hofer geht aber mit dem bisher größten Vorsprung in die Entscheidung
Zum vierten Mal in der Geschichte der Zweiten Republik wird das Rennen um die Hofburg durch eine Stichwahl entschieden. Die bisherigen Erfahrungen zeigen: Der Sieger des ersten Durchganges muss nicht zwingend auch Bundespräsident werden. In zwei von drei Stichwahlen war am Ende jener Kandidat erfolgreich, der nach dem ersten Wahlgang nur Zweiter war.
Das bisher einzige Mal, dass der Sieger des ersten Durchganges auch Präsident wurde, war 1986. Kurt Waldheim hatte damals aber schon am ersten Wahlsonntag mit 49,65 Prozent nur knapp die absolute Mehrheit verpasst. Im zweiten Durchgang setzte er sich mit 53,91 Prozent gegen SPÖ-Herausforderer Kurt Steyrer durch.
Bei der allerersten Volkswahl im Jahr 1951 lag nach der ersten Wahl ÖVP-Kandidat Heinrich Gleißner mit 40,14 Prozent knapp vor dem SPÖ-Vertreter Theodor Körner (39,15 Prozent). In der Stichwahl ging dann der damali- ge Wiener Bürgermeister Körner mit 52,06 Prozent als Erster über die Ziellinie.
Noch umdrehen konnte das Ergebnis auch Thomas Klestil. Er lag 1992 – bei insgesamt fünf Bewerbern – mit 37,21 Prozent knapp hinter dem damaligen Verkehrsminister Rudolf Streicher, der für die SPÖ im ersten Wahlgang 40,66 Prozent holte. In der Stichwahl hatte der SPÖ-Kandidat dann keine Chance mehr. Klestil siegte mit 56,89 Prozent.
Während Klestil aber nur drei Prozentpunkte aufholen musste, darf FPÖ-Präsidentschaftskandidat Norbert Hofer dieses Mal auf einen soliden Polster bauen. Was beim Ergebnis vom Sonntagabend noch dazu kommt: Insgesamt wurden 641.975 Wahlkarten ausgestellt. Jene, die per Post abgegeben wurden, werden erst am Montag ausgezählt.
Das Ergebnis wird sich also noch verschieben. Traditionell können die Grünen von den Wahlkarten profitieren, das Ergebnis der FPÖ verschlechtert sich in der Regel. Zur Orientierung: Bei der letzten Nationalratswahl 2013 steigerten sich die Grünen durch die Briefwähler von 11,46 auf 12,42 Prozent. Bei Irmgard Griss fehlen derartige Vergleichswerte. Die Sozialforscher von Sora gehen aber davon aus, dass auch Griss zulegen wird können – etwa halb so stark wie Van der Bellen.