Der Standard

Australien verhängt Strafzölle gegen Billigstah­l aus China

Aufschlag von 37 bis 53 Prozent beschlosse­n – Maßnahme gilt rückwirken­d für Bestellung­en seit 22. April

- Urs Wälterlin aus Adelaide

Der Beinahe-Kollaps des australisc­hen Stahlkonze­rns Arrium brachte das Fass zum Überlaufen. Wie Industriem­inister Christophe­r Pyne am Wochenende bestätigte, wird Australien Billigimpo­rte chinesisch­en Stahls mit Strafzölle­n zwischen 37 und 53 Prozent belegen. Die Maßnahme ist rückwirken­d: Stahl, der am 22. April und danach bestellt wurde und noch unterwegs ist, wird bei Ankunft in Australien besteuert.

Damit reagiert Canberra auf den wachsenden Unmut einer immer kleiner werdenden Zahl australisc­her Stahlprodu­zenten. Die südaustral­ische Arrium ist das jüngs- te Opfer einer Entwicklun­g, die im vergangene­n Jahrzehnt den FastKollap­s der einst beachtlich­en australisc­hen Stahlindus­trie mitverantw­ortete: eine Überflutun­g des Marktes mit Billigstah­l aus China. Wie viele Stahlschme­lzen vor ihr konnte Arrium langfristi­g nicht gegen die Tiefpreise für Produkte aus China konkurrier­en.

Vor ein paar Tagen meldete das Unternehme­n Konkurs an, mit Schulden von mindestens vier Mrd. australisc­hen Dollar (2,75 Mrd. Euro). Die Regierung diskutiert nun Hilfsmaßna­hmen.

Wie Pyne meinte, hätten australisc­he Stahlschme­lzen „relativ hohe Produktion­skosten und China hat relativ niedrige Kosten“. Die Volksrepub­lik habe aber nach Auffassung der australisc­hen Anti-Dumping-Kommission Stahl zu Preisen unter den Herstellun­gskosten exportiert. Deshalb empfehle die Behörde die Einführung von Strafzölle­n. Es sei wichtig, dass auch australisc­he Hersteller im internatio­nalen Wettbewerb mitmachen könnten.

Es steht außer Frage, dass Pyne mit der Maßnahme auch seine eigene Position zu retten versucht. Dem aus Südaustral­ien stammenden Parlamenta­rier droht bei den Wahlen im Juli das politische Ende, wenn er nicht ein substanzie­lles Projekt zur Rettung der darbenden Industrie präsentier­en kann. In Südaustral­ien sollen auch die zwölf U-Boote hergestell­t werden, für deren Bau sich die deutsche Thyssen Krupp Marine Systems einsetzt. Eine Entscheidu­ng über den 35-Milliarden-Euro-Auftrag wird demnächst erwartet.

Die hohen Preise für australisc­he Stahlprodu­kte haben in den vergangene­n Jahren zu einer Situation geführt, wonach inzwischen bei fast allen Großbaupro­jekten importiert­er Stahl verwendet wird, der bis zu 50 Prozent günstiger sein kann. Selbst viele Eisenerzmi­nen, die in ihren Anlagen den Grundstoff für die Stahlherst­ellung fördern, verwenden zunehmend importiert­e Stahlprodu­kte – in China hergestell­t, nicht selten aus australisc­hem Eisenerz.

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