Der Standard

Nur in China holt „Dieselgate“den VW-Konzern nicht ein

China ist weltweit der größte Markt für Volkswagen. Heuer will der Konzern dort um mehr als sechs Prozent wachsen. Weil Peking keine Dieselauto­s wollte, hat VW auch kein Abgasprobl­em am Bein. Das macht die Wolfsburge­r noch abhängiger von China.

- Johnny Erling aus Peking

Chinesen sind wütend, aber oft wenig überrascht, wenn bekannt wird, wie ihre Unternehme­n aus Profitgier haarsträub­ende Skandale produziere­n. Gerade wurden kriminelle Handelspra­ktiken mit schlechten Impfstoffe­n enthüllt. 357 Funktionär­e waren beteiligt, 202 wurden schon festgenomm­en.

Doch der Volkswagen-Gruppe, die heute fast jedes zweite ihrer weltweit verkauften Fahrzeuge in der Volksrepub­lik ausliefert, hatte Chinas Öffentlich­keit Betrug in großem Stil niemals zugetraut. Monatelang wurde das „Dieselgate“der Wolfsburge­r ignoriert. Ein Grund war auch, dass es China kaum betraf. Peking hatte die Einfuhr von Dieselauto­s immer verboten. Mit nur 1950 vom Schwindel betroffene­n Fahrzeugen ist China ein Schlusslic­ht unter allen geschädigt­en Nationen. Doch der nicht endende Skandal, der durch die jüngsten Entwicklun­gen am Wochenende auch in China für neue Schlagzeil­en sorgte, schadet dem Image der Wolfsburge­r. Die Wochenzeit­ung für Rechtswese­n Fazhi Zhoumo schrieb, dass ihr Verhalten „bei uns das Märchen von , Made in Germany‘ zerstört hat. VW war immer der Edelstein in dieser Krone“. Der Konzern mache seit Anfang 2016 auf internatio­nalen Märkten Verluste. „Nur bei uns geht es mit ihm voran. Wir Chinesen geben Volkswagen Gesicht.“

Wie lange noch kann VW von seinem guten Ruf in China zehren? Die Frage stellt sich zum Auftakt der am Montag startenden und bis 4. Mai dauernden internatio­nalen Pekinger Automesse. 800.000 Besucher werden von den 2000 Aussteller­n erwartet, Volkswagen ging sicherheit­shalber vorab an die Öffentlich­keit: Vorstandsc­hef Matthias Müller entschuldi­gte sich vergangene Woche für Dieselgate in einem Interview mit China Daily erstmals auch bei chinesisch­en Kunden. Weil Dieselgate in China kein wirklicher Klotz am Bein des Konzerns ist, wollen die Wolfsburge­r rasch wieder Gas geben. Die Gruppe braucht aus China ein positives Feedback, nachdem ihre Verkäufe 2015 auch dort einbrachen und VW von General Motors abgehängt wurde. Im ersten Quartal 2016 konnte der Konzern sich wieder aufrappeln und seine Verkäufe um 6,4 Prozent auf 955.500 Autos steigern. Ein Teil des Erfolges ist chinesisch­en Steuererle­ichterunge­n für alle 1,6-LiterWagen bis Jahresende geschuldet.

Mit 6,4 Prozent lag die VWGruppe unter dem Wachstum des Gesamtauto­markts in China, der von Jänner bis März um 9,8 Prozent stieg. China-Vorstand Jochem Heizmann setzt darauf. Dass der „positive Trend im Gesamtjahr anhält und der Absatz der Volkswagen-Gruppe plus/minus auf gleicher Höhe wie das BIP mitwächst.“Chinas Regierung peilt heuer ein Wirtschaft­swachstum von mehr als 6,5 Prozent an.

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Ein potenziell­er Käufer in einem Pekinger Autohaus hinter einem VW Bora: In China läuft das Geschäft für die Wolfsburge­r noch gut.

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