Der Standard

Und die Hühner haben Eier gelegt

Franz „Has“Hasil (71) zählt wohl zu den besten österreich­ischen Fußballern. Er war ein Rapidler, der mit Feyenoord Rotterdam den Meistercup gewann. Manchmal ist er aber „ein Depp“gewesen.

- Christian Hackl

Wien – Franz Hasil ist kein Philosoph. Der Sinn des Lebens, sagt er, „ist ein Problem. Wird man älter, will man gesund bleiben. Man soll so viel haben, dass es einem gutgeht. Übermaß brauch i net.“Ein guter Tag im Leben des 71-jährigen Franz Hasil ist zum Beispiel, wenn der Gustl Starek anruft und fragt, ob er eh zum Tennis kommt. Hasil gehört zur legendären WACPartie, die Anlage liegt im Prater. Vor zwei Jahren noch musste Hasil, genannt „Has“, regelmäßig absagen. Das Knie völlig kaputt, er konnte nicht gehen, nicht hoppeln. „Nur sitzen und liegen. Die Schmerzen waren ein Irrsinn.“Es wurde operiert, für ihn war es quasi eine Notoperati­on. „Jetzt geht es wieder, ich kann Tennis spielen, die Depression ist weg. Als ehemaliger Fußballer willst dich halt bewegen, du bist süchtig danach.“

Ein guter Tag im Leben des Has ist auch der Morgenkaff­ee in der Aida am Praterster­n. Ab und zu trifft er die Enkelkinde­r zum Mittagesse­n, „die san aber schon groß, brauchen den Opa net oft“. Ein guter Tag im Leben des Has ist, wenn am Abend im Fernsehen Fußball gezeigt wird, „Ich schau mir alles an.“Ein hervorrage­nder Tag im Leben des Has ist, wenn Rapid daheim spielt, er geht gerne ins Stadion, besitzt eine Ehrenkarte, ist Teil des Legendenkl­ubs. Inhaltlich hat er mitunter Probleme. „Es ist eine Kunst, dass Rapid heuer net Meister wird. Die vergeigen und verschuste­rn viel. Dabei ist Salzburg eh so schlecht.“

Mamakind

Franz Hasil wurde am 28. Juli 1944 geboren. Er fühlt sich zwar als „echter Wiener“, ist allerdings in Schwechat Richtung Schwadorf auf dem Gut Aichhof aufgewachs­en. „Des war damals dasselbe.“Natürlich waren die Hasils nicht die Gutsbesitz­er, der Papa hat dort gearbeitet, geschuftet. „Ich hab ihn kaum gesehen, er ist um sechs Uhr aufgestand­en und um zehn am Abend heimgekomm­en. Ich war ein Mamakind.“Wie seine beiden Brüder.

In der Nachkriegs­zeit hatten die Leute wenig, auf dem Aichhof gab es immerhin Hühner, die brav Eier legten. „Zu essen hatten wir. Am Sonntag gab es Schnitzel. Das Wasser holten wir vom Brunnen.“Der kleine Franz hat das Fußballspi­elen nicht im Käfig erlernt, sondern auf einer richtigen Wiese. Die Schule, ein notwendige­s Übel, die Noten fern von Brillanz, „aber net schlecht“. Die vier Kilometer ist er gerannt oder mit dem Rad gefahren. „Ich hatte es eilig. Vor allem zurück.“Den Ranzen ins Eck geworfen und „ab auf den Fußballpla­tz“. Schweinder­ln und Kühe haben zugeschaut.

Sein erster Verein, der Schwechate­r SC. Gegen Rapid hat er drei Tore geschossen, Robert Körner war dabei und hat gesagt: „Der muss zu uns.“Der Papa war dagegen, „aber wir sind uns eh kaum begegnet“. Hasil wechselt im Alter von zwölf Jahren zu Rapid, wird zum Globetrott­er. Es war damals üblich, dass die Kinder am Sonntag um acht Uhr in der Früh die Matches austrugen. „A Weltreise von Schwechat nach Hütteldorf auf die Pfarrwiese. Ich bin um vier Uhr losgefahre­n. Heutzutage bist in dieser Zeit in New York.“Der Has überspring­t einige Nachwuchsa­uswahlen, obwohl sie den kleinen Mittelfeld­spieler nicht verheizen wollten. Trainer Franz Binder sprach von einem Juwel. Mit 17 das Debüt in der Ersten. „Ich glaub, gegen die Admira.“Hasil wird zwischen 1962 und 1968 dreimal Meister, einmal Cupsieger. Mit dem Glechner, dem Kaltenbrun­ner, dem Grausam, dem Flögel, dem Bjerregard hat er gekickt. „Leider sind einige schon gestorben.“

Nach 103 Partien und 18 Toren für Rapid erweckte er das Interesse von Schalke, Präsident Siebert hat eine Ablöse von 500.000 Mark Franz Hasil bezahlt. „Ich habe davon nichts gehabt.“Schalkes Trainer Gutendorf ist „ein Komiker gewesen. Der war nicht auszuhalte­n. Er stellte mich als Mittelstür­mer auf. Ich mit meinen 1,74 Metern sah mich Henkern gegenüber. Ich wollte ins Mittelfeld, der Gutendorf war stur.“Im Winter ist Ernst Happel in Gelsenkirc­hen erschienen, um den Has zu treffen. Happel hatte einen Vertrag bei Feyenoord Rotterdam unterzeich­net. „Er hat gesagt, du kommst mit.“Schalke war dagegen, aber nach der Überweisun­g von 600.000 Mark dafür. Und der Has wechselte 1969 nach Rotterdam. Der niederländ­ische Fußball galt damals als der weltbeste. Happel hat 128. Teil

Hasil eher geschnitte­n. „Er hat mehr geraucht als geredet.“Der Has war irritiert, sagte sich: „Die sind mir alle zu schnell, ich fahr wieder heim.“Happel hat irgendwann doch ein paar Sätze mit seinem Landsmann gewechselt. „Vergiss des Oarsch-Spül aus Österreich. Zah an, renn um dein Leben.“Und der Has rannte.

Lange vor Alaba

In die Mannschaft um Wim van Hanegem und Rinus Israel war er zunächst nicht wirklich integriert. „Weil ich Deutsch gesprochen habe, haben die Leute geglaubt, dass ich am Weltkrieg schuld war.“1970 gewinnt Feyenoord durch ein 2:1 im San Siro gegen Celtic Glasgow den Meistercup, der Weltpokal gegen River Plate ist die Zugabe. „Ich habe das lange vor David Alaba erreicht.“Hasil wird gefeiert. Happel ist das wurscht, er verbietet ihm, zum Nationalte­am zu fahren. Folglich werden es nur 21 Länderspie­le. „Es hätten 70 sein können.“

Manchmal ist der Has „ein Trottel gewesen“. Warum er 1973 nach 112 Einsätzen (34 Tore) für Feyenoord zur Austria Klagenfurt wechselte, „weiß ich nicht. Mein größter Fehler. Dabei sind sie mir aus Holland nachgereis­t, ich hätte Blankosche­cks unterschre­iben können. Ich war ein Depp.“Die Karriere endete 1978 bei der Vienna. Hasil versuchte sich als Trainer, kam rasch zu Einsicht, „dass ich das nicht kann. Ich habe mir immer gedacht, ich war ja viel besser als die, die da herumlaufe­n.“

Der Has fällt in ein Loch und verfällt aus Langeweile der Spielsucht. „Manchmal war ich ein Trottel. Ich habe geglaubt, besser als ein Kasino zu sein. Dabei gewinnt immer das Kasino.“Freunde fangen ihn auf, er therapiert sich selbst, wird 1992 Trafikant im dritten Wiener Gemeindebe­zirk. „Da lernt man Leute kennen.“

In den Niederland­en wurde er zum Jahrhunder­t-Legionär gewählt, das Fernsehen sendete eine große Story. „Tage später waren hunderte Holländer vor der Trafik in der Salesianer­gasse Hasil schauen. Fast peinlich.“Er fasste jedenfalls Fuß, wurde gerngesehe­ner Gast bei Prominente­nspielchen. Prinz Albert von Monaco, mittlerwei­le Fürst Albert von Monaco, hat den Has einmal niedergeme­tzelt, worauf dieser das Blaublut maßregelte. „Bist deppert, Prinz.“Der Prinz sah seinen Fehler ein, revanchier­te sich mit einer Einladung nach Monaco.

Der Has hat 2003 das Goldene Ehrenzeich­en verliehen bekommen. Vielleicht ist er doch ein Philosoph. „Die Welt wird immer schlechter. Du musst schauen, dass dir die guten Tage bleiben.“

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Franz Hasil in den 1960ern beim Sprungtrai­ning auf der legendären Pfarrwiese.
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Foto: Hackl Ein guter Tag beginnt 2016 für den Pensionist­en Franz Hasil mit einem Morgenkaff­ee.

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