Der Standard

KOPF DES TAGES

Weichgezei­chnet in die Stichwahl

- Karin Riss

Jetzt ist das „freundlich­e Gesicht“also Kopf des Tages. Gegen die Weichzeich­nung als blauer Softie hat sich FPÖ-Präsidents­chaftskand­idat Norbert Hofer nie gewehrt – im Gegenteil. Das Wahlergebn­is zeigt, dass sich das dezente Make-up für den ideologisc­h sattelfest­en Parteistra­tegen, der maßgeblich am Programm und dem Handbuch freiheitli­cher Politik feilte, ausgezahlt hat.

Mit mehr als einem Drittel der bis Sonntagabe­nd ausgezählt­en Wählerstim­men liegt er sogar weit über den eigenen Erwartunge­n.

Dabei wollte der 45-jährige gelernte Flugzeugte­chniker zunächst gar nicht so recht, fühlte sich zu jung für den Staatspomp. Und er wusste um sein größtes Manko: Norbert Hofer, bereits mit 24 Jahren Stadtparte­iobmann in Eisenstadt, war bislang ein Unbekannte­r – selbst unter FPÖ-Anhängern.

Das wird sich ändern. Sicherheit­shalber hat er den Job als Dritter Nationalra­tspräsiden­t vorerst behalten. Seine Ehrenmitgl­iedschaft in der Pennäler-Burschensc­haft Marko Germania (Hofer im Standard: „Österreich ist eine Nation, aber es gilt die Meinungsfr­eiheit“) will er auch dann nicht zurücklege­n, sollte er tatsächlic­h nach der Stichwahl am 22. Mai als erster Blauer in die Hofburg übersiedel­n.

Auch privat stünde dem Burgenländ­er aus Pinkafeld ein Umzug bevor – samt Tochter Anni und seiner zweiten Frau Verena. Dass im Wahlkampf mit Ausnahme seiner Blutwerte fast alles öffentlich diskutiert wurde, stört Hofer nicht. Offenherzi­g bekannte er, er habe sich vor kurzem eine Glock zugelegt, und begründete das so: „Ich schieße einfach gerne.“

Die Gehbehinde­rung, die er sich bei einem Unfall mit dem Paragleite­r zugezogen hat, wurde tragendes Motiv im blauen Wahlkampf. Hofer sollte als einer positionie­rt werden, der sich nicht unterkrieg­en lässt. Ruhepausen sind im Terminkale­nder trotzdem stets fix verankert. Über weite Strecken hatte auch Hofers kantige Seite Pause. Nur manchmal ließ der Strache-Vertraute durchschim­mern, was er etwa von Flüchtling­en hält – jenem Thema, das sein Vorrücken in die Stichwahl wohl maßgeblich beeinfluss­t hat: „Invasoren“seien sie, manche von ihnen „bereit, dir den Kopf abzuschnei­den“.

Hofer und seine Blauen haben es sich in den Kopf gesetzt, den rechtliche­n Spielraum des Präsidente­n im Fall eines Hofburg-Einzugs weit auszureize­n. „Sie werden sich noch wundern“, ließ er Moderatori­n Ingrid Thurnher bei der ORF-Elefantenr­unde wissen.

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Foto: Reuters/Foeger FPÖ-Kandidat Norbert Hofer übertraf die eigenen Erwartunge­n.

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