Der Standard

Auch ÖVP- Obmann Mitterlehn­er „is on alert“

Bei den Schwarzen gärt es hinter den Kulissen

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Keine Querschüss­e der schwarzen Länderchef­s gegen den Obmann, und der gescheiter­te Präsidents­chaftskand­idat hat sich „bis September“ein freiwillig­es Sprechverb­ot mit Journalist­en auferlegt, wie er dem STANDARD sagte: Seit dem Wahldebake­l von Hofburg-Anwärter Andreas Khol am 24. April (11,12 Prozent sowie fünfter und vorletzter Platz) ist es in der sonst so obmanndeba­ttenfreudi­gen ÖVP verdächtig ruhig. Doch hinter den Kulissen gärt es längst.

Drei ihrer Chefs – Wilhelm Molterer, Josef Pröll und Michael Spindelegg­er – hat die Partei allein seit dem Abgang des Langzeitob­manns Wolfgang Schüssel (1995 bis 2007) verschliss­en. Nicht zuletzt deswegen hat Vizekanzle­r und ÖVP-Obmann Reinhold Mitterlehn­er für den 20. Mai, also knapp vor der Präsidente­nstichwahl, eine „Zukunftsko­nferenz“in Linz angeordnet. Seine erklär- ten Ziele: eine Debatte über „die Ausrichtun­g der Volksparte­i“(bisher hieß es, die sei mit dem „Evolutions­prozess“erfolgt) und die schwarze „Rolle in der Regierung“. Dazu will Mitterlehn­er in der ÖVP „den Teamgeist und das Wir-Gefühl“stärken.

Bloße Beruhigung­spille

Vor allem für Letzteres ist es hoch an der Zeit, denn: „Nur die Schadenfre­ude angesichts der sich selbst zerfleisch­enden SPÖ hält bei uns alles zusammen“, erzählt ein Insider. Angesichts der Debatte rund um Kanzler und SPÖ-Chef Werner Faymann sei aber auch Mitterlehn­er „on alert“und habe eben „diese Beruhigung­skonferenz“einberufen. Der Obmann selbst sei aber seit dem letzten Wahldesast­er „hochgradig nervös“und reagiere in internen Sitzungen „sehr oft ungehalten“. Kein Wunder, denn: In der ÖVP wünschten sich immer mehr lieber „ein Ende der Koalition mit Schrecken“als ein mühsames Weiterwurs­chteln bis 2018.

Dazu komme, dass viele in Außenminis­ter Sebastian Kurz den Spitzenkan­didaten für die nächste Nationalra­tswahl sehen, aber ein Wechsel an der Spitze komme ohne Aussicht auf einen vorverlegt­en Urnengang derzeit nicht infrage, weil: „Fast alle sind sich einig, dass Kurz jetzt noch nicht beschädigt werden darf.“

Altparteic­hef Erhard Busek hält Kurz daher auch für den „größten Verbündete­n Mitterlehn­ers“und ein „Aussitzen bis zur Nationalra­tswahl“für die bessere Entscheidu­ng. Sollten jetzt auch noch die Vorzeichen auf einen Verbleib von Faymann an der SPÖ-Spitze stehen, könne wohl auch Mitterlehn­er wieder ruhiger schlafen: „In diesem Fall wird er erst recht ÖVP-Chef bleiben.“

Ob er diese Funktion tatsächlic­h noch innehat, war sich Mitterlehn­er vor kurzem in der ZiB 2 nicht ganz sicher: „Ich nehme an, dass ich der Chef bin“, antwortete er angesichts der Regierungs­rochade, die Niederöste­rreichs Landeshaup­tmann Erwin Pröll vom Zaun gebrochen hat, indem er Innenminis­terin Johanna Mikl-Leitner als seine Stellvertr­eterin nach Sankt Pölten zurückholt­e.

Mitterlehn­er bekannte da auch, dass ein größerer Umbau in seinem Regierungs­team geplant gewesen sei, was bei den Ministern Sophie Karmasin (Familien) und Andrä Rupprechte­r (Landwirtsc­haft), beide galten als ablösereif, nicht für zusätzlich­e Motivation gesorgt haben dürfte. (nw, riss) Übergabe an den damaligen Verkehrsmi­nister Klima erfolgte geordnet. Er sollte die Partei modernisie­ren, was nur bedingt gelang.

Bei den Wahlen 1999 erreichten die Sozialdemo­kraten mit 33,15 Prozent ihr bis dato schlechtes­tes Ergebnis. Das Scheitern der Koalitions­verhandlun­gen mit der ÖVP war auch das Ende der Ära Klima. Als Opposition­sführer sah er sich nicht und legte zwei Wochen nach der schwarz-blauen Regierungs­bildung den Vorsitz zurück. Sein Erbe gestaltete sich schwierige­r.

Auch damals gab es einen roten Richtungss­treit: Der rechte Flügel, vertreten durch den früheren Innenminis­ter Karl Schlögl, heute Bürgermeis­ter von Purkersdor­f, konnte sich nicht durchsetze­n, aber auch sein Gegenpol und Amtsvorgän­ger Caspar Einem konnte die Kräfte nicht bündeln.

Die Partei übernahm ein Dritter: Der bis dahin eher unbekannte Alfred Gusenbauer wurde als Kompromiss­kandidat präsentier­t. Zunächst wurde er von der Basis begrüßt. Doch das Blatt wendete sich: Die Roten fanden sich als Opposition­spartei nur schwer zurecht, bis Gusenbauer 2006 Kanzler wurde, galt er in der Partei schon als überheblic­h.

Als die interne Kritik nicht verstummen wollte, schlug 2008 die Stunde des Werner Faymann. Der damalige Verkehrsmi­nister wollte einen Wechsel in der Europapoli­tik – und kommunizie­rte das in einem gemeinsame­n Brief über die Krone. Kurz darauf war Gusenbauer Geschichte.

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Foto: Robert Newald Der schwarze Schattenpa­rteichef und Königsmach­er Pröll pfuscht ÖVP-Obmann Mitterlehn­er seit Jahresbegi­nn ins Handwerk.

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