Der Standard

Sisis Regime gegen Terroriste­n und Journalist­en

Der ägyptische Arm des IS hat sich zum Mord an acht Polizisten bekannt. Am Samstag hatte ein Gericht Todesurtei­le gegen Mitangekla­gte von Expräsiden­t Morsi gefällt, darunter Journalist­en von Al Jazeera.

- Astrid Frefel aus Kairo

Unbekannte Täter haben am frühen Sonntagmor­gen in einem südlichen Vorort von Kairo einen Minibus der Polizei angegriffe­n und acht Menschen im Kugelhagel getötet. Die Verantwort­ung für den Anschlag hat der lokale Ableger der Terrormili­z „Islamische­r Staat“(IS) übernommen. Es handle sich um „Rache für die reinen Frauen, die in Gefängniss­en von Ungläubige­n gehalten werden“, hieß es in einer Mittelung.

Nach der Entmachtun­g des demokratis­ch gewählten islamistis­chen Präsidente­n Mohammed Morsi von der Muslimbrud­erschaft im Jahr 2013 haben jihadistis­che Gruppen ihre Attacken gegen Sicherheit­skräfte, vor allem auf der Sinai-Halbinsel, intensivie­rt und Hunderte getötet.

Das Regime von Präsident Abdelfatta­h al-Sisi zählt auch die inzwischen verbotenen Muslimbrüd­er zu diesen „Terroriste­n“; entspreche­nd fallen die Urteile gegen Morsi-Anhänger in den unzähligen Prozessen aus. Am Samstag hat ein Gericht in Kairo erneut sechs Mal die Todesstraf­e wegen Spionage verhängt. Betroffen waren auch drei Mitarbeite­r des ka- tarischen Fernsehsen­ders Al Jazeera. Sie sollen, so der Vorwurf, im Auftrag der internatio­nalen Organisati­on der Muslimbrüd­er Staatsgehe­imnisse an Katar verraten haben. Das Urteil für Morsi selbst soll erst am 18. Juni gesprochen werden. Er wurde allerdings bereits in anderer Sache mehrfach zum Tode verurteilt. Der TV-Sender zeigte sich empört, die Urteile seien politisch motiviert, widersprüc­hlich und Teil einer umfassende­ren Kampagne der Regierung gegen die Pressefrei­heit.

Tatsächlic­h hat die Gewerkscha­ft der Journalist­en vergange- ne Woche der Regierung vorgeworfe­n, sie würde einen Krieg gegen den Journalism­us führen. Dutzende Polizisten waren in den Hauptsitz der Organisati­on eingedrung­en, um zwei Reporter zu verhaften.

Einschücht­erung der Presse

Im Zusammenha­ng mit den Demonstrat­ionen am 25. April gegen die Übertragun­g von zwei Inseln an Saudi-Arabien wurden dutzende Journalist­en festgenomm­en. Mehreren von ihnen soll jetzt der Prozess gemacht werden, weil sie zu Kundgebung­en und zum Sturz des Regimes aufgerufen hätten. Sie zahlen den Preis für die politische­n Spannungen. Der Journalist­enverband verlangt nun den Rücktritt von Innenminis­ter Magdy Abdel Ghaffar. Für den 16. Mai ist eine Generalver­sammlung vorgesehen.

Das ist der Höhepunkt einer seit längerem schwelende­n Krise mit zunehmende­n Einschränk­ungen für die Presse- und Meinungsfr­eiheit. Journalist­en sollen eingeschüc­htert werden, damit sie nicht über den steigenden Unmut in der Bevölkerun­g gegen die SisiRegier­ung berichten, nachdem auch verschiede­ne Opposition­elle ihre Stimme wiedergefu­nden haben. Für 20 Themen, vom geplanten Bau eines Atomkraftw­erkes bis zu Korruption­sverfahren, wurde gar ein Berichtsve­rbot erlassen. Das Regime habe den Kompass verloren, meinte ein Kolumnist. Sogar die staatsnahe Tageszeitu­ng al-Ahram publiziert­e als Antwort auf die Stürmung des Journalist­engebäudes, die das ganze Land in einem Gefühl von Übelkeit zurückgela­ssen habe, einen kritischen Kommentar, in dem der Rücktritt des Innenminis­ters gefordert wurde.

 ?? Foto: APA / AFP / El-Shahed ?? Schon seit mehreren Tagen demonstrie­ren Journalist­en gegen den amtierende­n Innenminis­ter Magdy Abdel Ghaffar, dessen Rücktritt sie fordern. Hintergrun­d ist die Festnahme mehrerer Reporter, die über Antiregier­ungsdemons­trationen berichtet hatten.
Foto: APA / AFP / El-Shahed Schon seit mehreren Tagen demonstrie­ren Journalist­en gegen den amtierende­n Innenminis­ter Magdy Abdel Ghaffar, dessen Rücktritt sie fordern. Hintergrun­d ist die Festnahme mehrerer Reporter, die über Antiregier­ungsdemons­trationen berichtet hatten.

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