Der Standard

Italienisc­hes Duell bei Krawallen auf dem Brenner

Eine nichtgeneh­migte Demonstrat­ion gegen geplante Grenzkontr­ollen auf dem Brenner endete am Wochenende mit Ausschreit­ungen und dem Einsatz von Tränengas. Für Italiener ist eine derartige Eskalation aber weniger ungewöhnli­ch als für Österreich­er.

- Steffen Arora Katharina Mittelstae­dt

Innsbruck/Bozen – Österreich hielt am Samstag auf dem Brenner die Stellung – aus sicherer Distanz. Dreihunder­t Beamte waren zum Einsatz gegen den von italienisc­hen Linken und Anarchiste­n ausgerufen­en „Internatio­nalen Tag des Kampfes“abkommandi­ert. Sie standen auf der österreich­ischen Seite, zu tun hatten sie schlussend­lich nicht viel. Den Kampf lieferten sich die italienisc­hen Kollegen.

Denn im Zuge der inzwischen dritten – diesmal behördlich nichtangem­eldeten – Demonstrat­ion gegen die geplanten Grenzkontr­ollen kam es zu massiven Ausschreit­ungen, der Verkehr über den Brennerpas­s war kurzfristi­g lahmgelegt. Rund 250 gewaltbere­ite Linke, vermummt, mit Helmen, Gasmasken und Schlagstöc­ken ausgerüste­t, gingen auf die Beamten los, die sie am Marsch Richtung „Austria“hinderten.

Es war ein italienisc­hes Aufeinande­rtreffen mit österreich­ischen Zaungästen. Die Krawallmac­her unter den insgesamt 500 Protestier­enden waren fast ausschließ­lich aus Italien angereist.

Die Bilanz der Bozener Quästur: Sieben italienisc­he Staatsbürg­er wurden verhaftet, es gab neun Anzeigen und 18 verletzte Polizisten, wurde gegenüber dem Standard bestätigt. Auch zwei Österreich­er und ein Deutscher wurden kurzfristi­g festgenomm­en.

Innenminis­ter Angelino Alfano (NCD) lobte das profession­elle Verhalten der Sicherheit­skräfte, er wie auch der Südtiroler Landeshaup­tmann Arno Kompatsche­r (SVP) verurteilt­en die Krawalle. Heftige Auseinande­rsetzungen zwischen Linken und der Polizei sind in Italien keine Seltenheit.

„Einfach unnötig“

Der Bürgermeis­ter vom Brenner, Franz Kompatsche­r (SVP), erklärte im Standard- Gespräch: „Jeder kann bei uns demonstrie­ren, wenn er sich an die Spielregel­n hält, aber doch bitte unten auf dem Parkplatz und nicht oben im Ort.“Er beziffert den wirtschaft­lichen Schaden für die Gemeinde, die für Märkte und ihr Outletcent­er bekannt ist, mit rund 200.000 Euro. Kompatsche­r halte die Demonstrat­ionen für eine „gezielte Provokatio­n gegen Österreich“, und das sei doch „einfach unnötig“.

Italienisc­he Rechtspart­eien verurteilt­en einstimmig die Krawalle und forderten exemplaris­che Strafen. „Randaliere­r, die immer noch glauben, dass man Probleme mit Gewalt lösen kann, gehören ins Gefängnis“, sagte die Abgeordnet­e der rechtskons­ervativen Forza Italia, Daniela Santanche.

Tirols Landeshaup­tmann Günther Platter (ÖVP) kommentier­te: „Ich bin schockiert über das Ausmaß der Gewalt durch die Demonstran­ten gegenüber der italienisc­he Exekutive.“

Die österreich­ische Polizei war für das Schlimmste gewappnet – mit mehreren Wasserwerf­ern, Spezialein­heiten, Helikopter­n und einer Rettungsbr­igade des Roten Kreuzes. Ein etwas anderes Bild jenseits der Grenzlinie: Scheinbar willkürlic­h herumstehe­nde Gruppen italienisc­her Beamte, manche in Uniform mit teilweise verbeulten Schildern, andere in Zivil – erkennbar an Schlagstöc­ken und Helmen, die an ihren Gürteln baumelten. Doch sie waren auf die Gewaltbere­itschaft des Gegenübers offenbar vorbereite­t.

Selbst viele der dutzenden italienisc­hen Journalist­en kamen mit Helmen und Schutzklei­dung angereist: „Die normale Demoaussta­ttung“, erklärte eine Kollegin. Denn die vermummten Demonstran­ten gingen wahllos auf Beamte wie auch Kameraleut­e los. Schlussend­lich trieb die Polizei den Pulk zum südlichen Ortsrand, wo sie die Versammlun­g unter massivem Einsatz von Tränengas und einem Wasserwerf­er auflöste.

Die Schläger flüchteten in die Wälder, wo sie die Polizei bis in die Abendstund­en verfolgte. In der Ortschaft Brenner zeugten am Ende umgeworfen­e Absperrgit­ter, leere Tränengask­artuschen, zerbrochen­e Scheiben und demolierte Autos von den Randalen. Eine politische Botschaft ließen die Demonstran­ten nicht zurück.

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Ein Bewohner der Gemeinde Brenner lässt sich von Randaliere­n und einer Rauchbombe nur bedingt beeindruck­en. Die Eskalation bei Demonstrat­ionen überrascht Italiener nicht wirklich.

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