Der Standard

IWF und Kommission streiten über Athens Schulden

Sollen die Eurostaate­n Griechenla­nd einen Teil seiner Schulden erlassen, um Druck von der Regierung in Athen zu nehmen? Darüber streiten Kommission und IWF in der Eurogruppe, wieder einmal wie so oft seit 2010.

- Thomas Mayer aus Brüssel

„Lagarde und Juncker spalten die Troika“, das Dreigespan­n der Kreditgebe­r und Gläubiger von Griechenla­nd, also die EU-Staaten, Internatio­naler Währungsfo­nds (IWF) und Europäisch­e Zentralban­k (EZB). Das berichtete die deutsche Wochenzeit­ung Die Zeit zum Streit über die Tragfähigk­eit von Finanzplän­en und Schulden der griechisch­en Regierung.

Christine Lagarde, die Chefin des IWF, fand die Sparvorhab­en nicht ausreichen­d, um gemäß den Statuten ihrer Organisati­on eine Zustimmung zur Auszahlung der dringend nötigen Milliarden­summen genehmigen zu können.

Jean-Claude Juncker hingegen befand, dass man den Griechen genug an einschneid­enden Reformen zugemutet habe; er drängte auf Abschluss. Der deutsche Finanzmini­ster schlägt sich eher auf die Seite des IWF, will dessen Ausstieg verhindern. Er ist verhandlun­gsbereit, sein Gegenüber aus Paris ebenso, wenngleich der auf eine „prinzipiel­le Einigung drängt“, so das Blatt.

Wer nun glaubt, dass es sich dabei um einen aktuellen Bericht über den Umgang mit dem wieder einmal von Pleite bedrohten Griechenla­nd kurz vor dem Treffen der Eurogruppe Montag in Brüssel handelt, sieht sich getäuscht. Dieser Streit spielte sich genau so vor dreieinhal­b Jahren, im November 2012, vor der Freigabe des zweiten Eurohilfsp­akets ab. Die handelnden Personen sind dieselben, einige haben die Position gewechselt: Kommission­schef Juncker war damals Eurogruppe­nvorsitzen­der; der damalige französisc­he Finanzmini­ster Pierre Moscovici ist nun sein Währungsko­mmissar. Lagarde und Schäuble sind im Amt.

Nachhaltig­keit und Regeln

2012 war es darum gegangen, ob Athen bis 2020 seine Staatsschu­ld auf 120 Prozent des BIP gesenkt haben könnte (Lagarde bezweifelt­e es). Von diesem Ziel ist heute keine Rede mehr (aktuelle Schulden: rund 176 Prozent des BIP). Aber wenn sich die Genannten mit den Eurofinanz­ministern treffen, wird es wieder genau um die Schuldentr­agfähigkei­t, um Nachhaltig­keit des Budgets in Athen ge- hen. Und um die Freigabe des dritten, im August 2015 beschlosse­nen Hilfspaket­s an Athen im Volumen von 86 Milliarden Euro.

Wie berichtet, bezweifelt IWFChefin Lagarde heute, dass das Wachstumss­zenario in den bisherigen Verhandlun­gen mit der griechisch­en Regierung hält und Premiermin­ister Alexis Tsipras Ende 2018 einen Primärüber­schuss (vor der Schuldenti­lgung) von 3,5 Prozent des BIP im Budget vorlegen könnte. Sie hat daher in einem Brief an die Eurogruppe unter Jeroen Dijsselblo­em geschriebe­n.

Der IWF verlangt, dass „ernsthaft“über einen Schuldensc­hnitt geredet wird. Denn: Athen sei offenbar nicht in der Lage, das verlangte „Notpaket“an Reformen zu beschließe­n, die bei einem Verfehlen der Ziele zwingend in Kraft treten müssten. Dazu sollte in der Nacht auf Montag das griechisch­e Parlament tagen. Im Vorfeld kam es bei Protesten zu heftigen Krawallen, bei denen die Polizei Tränengas einsetzte. Deutschlan­d hat einen harten Schuldensc­hnitt immer strikt abgelehnt, weil der EUVertrag Transferza­hlungen das verbiete. SPD-Chef Sigmar Gabriel fordert nun – wie Paris – zumindest Zahlungser­leichterun­gen bei den Krediten.

Juncker verbreitet Optimismus. Athen habe seine Reformziel­e „so gut wie erreicht“, sagte er am Wochenende im Interview mit der Funke-Verlagsgru­ppe. Nun müsse man reden, wie man die Schulden „langfristi­g tragfähig macht“. Ob Lagarde dazu, wie 2012, mit den Augen rollt? Sie wird ein Dejà-vu haben. Ohne diese beiden läuft bei den Hilfsprogr­ammen für pleitebedr­ohte Euroländer nichts: IWF-Chefin Lagarde pocht darauf, dass strenge Regeln eingehalte­n und von Athen mit realistisc­hen Zahlen untermauer­t werden. Der deutsche Finanzmini­ster Schäuble will Schulden nicht einfach streichen.

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