Der Standard

Ein Start-up, das Tesla schlagen will

Drei Mühlviertl­er Amateure bauen ein Batteriesy­stem für E-Mobilität, das alles Vorhandene übertrumpf­en soll. Auch Tesla, den Superstar unter den E-Autos. Rundzellen statt Flachzelle­n, Hausversta­nd und die richtige Verbindung seien das Geheimnis.

- Regina Bruckner

Wien – In Fachkreise­n sind sie eine Berühmthei­t, im Mühlvierte­l noch ein bisschen so etwas wie eine Garagenfir­ma. Auf rund 800 Quadratmet­ern werken die Brüder Kreisel, Markus, Johann und Philipp, in Freistadt derzeit noch. Was die drei in Sachen Akkutechno­logie für E-Mobilität mit ihrer Kreisel Electric GmbH binnen zwei Jahren auf die Beine gestellt haben, zieht Fachleute aus aller Welt in den Norden Oberösterr­eichs.

Das Batteriesy­stem, bei den Hersteller­n eine der großen Schwachste­llen in Sachen E-Mobilität, brachten sie quasi als Hobby, und wie sie selbst sagen „mit Hausversta­nd“, einen guten Schritt voran. Auf E-Mobilität kamen die Brüder, einer Elektronik­er, einer Maschinenb­auer, einer Marketingf­achmann, praktisch nebenbei. Vor fünf Jahren hatte sich der Vater einen strombetri­ebenen Renault Fluence gekauft.

„Damals hat ja keiner ein E-Auto gekannt“, sagt der 37-jährige Markus Kreisel. Die Jungmänner aus Freistadt haben davon schon gar nichts gehalten. „Bis ich mich selbst ins Auto gesetzt und gesehen habe, dass der wegzieht wie ein Sportwagen.“Da kamen auch die jungen Kreisels auf den Geschmack – und wie könnte es anderes sein: auf den Tesla. Kurzerhand wurde einer geordert – und wieder abbestellt.

Das hat wohl auch mit dem Job des Vaters als örtlicher Elektrohän­dler zu tun: „Uns wurde klar, dass das Geld nach Amerika geht. Dabei kaufen wir jede Waschmasch­ine und jeden Staubsauge­r hier.“Also begann man, sich hierzuland­e umzusehen. Nur: Was es da gab, gefiel den Mühlviertl­ern nicht so recht. Deswegen wurde zunächst einmal ein Audi A2 umgerüstet. Genau genommen wurde das Auto entkernt, Motor, Getriebe und Auspuffanl­age herausgeno­mmen. Elektromot­or, Batterien, Wechselric­hter und Steuerelek­tronik kamen stattdesse­n hinein.

Rundzellen statt Flachzelle­n

Verbaut wurden Rundzellen. 8000 am Stück zu einem Block verbunden. Solche Zellen sind nicht neu. Man findet sie auch im Elektroras­enmäher oder im Laptop. Die Konkurrenz – Tesla etwa – setzt auf Flachzelle­n. Was dabei herauskam, ist Folgendes: Batteriesy­steme, die deutlich kleiner und leichter sind als das, was derzeit auf dem Markt ist. Und das bei größeren Reichweite­n und schnellere­n Ladezeiten. Die Fachwelt honorierte das mit dem renommiert­en deutschen Energy-Award.

Die Frage, warum in der Garage gelingt, was Entwicklun­gsabteilun­gen der Autokonzer­ne bisher nicht geschafft haben, beantworte­t Markus Kreisel so: „Die sind den einfachere­n Weg gegangen.“Runde Zellen sind schwierige­r zu verbauen als flache, haben aber eine höhere Energiedic­hte. „Unsere Kernkompet­enz ist die Batterieve­rbindungst­echnik“, sagt Markus Kreisel. Während Tesla die Zellen durch Schweißen miteinande­r verbindet, werden sie in Freistadt per Laser zusammenge­fügt. Dadurch soll die nutzbare Kapazität gesteigert werden. Außerdem schwimmen die Zellen in einer Flüssigkei­t, die für Kühlung und Beheizung der Batterien sorgt. Das soll einerseits die Reichweite, anderersei­ts die Lebensdaue­r der Zellen steigern. 450 Kilogramm hat so ein Kraftpaket, 350 ein herkömmlic­her Verbrennun­gsmotor mit Getriebe. Weil ein Elektromot­or in etwa dreimal so energieeff­izient ist, fällt das am Ende nicht ins Gewicht.

Weil das alles rund lief, wurde als Nächstes ein Porsche umgerüstet: 400 Kilometer Reichweite, eine Motorleist­ung von 200 Kilowatt und eine Ladedauer von zweieinhal­b Stunden erregten auch das Interesse der Industrie. Andere Modelle folgten, mittlerwei­le wurde auch die Rutsche in den VW-Konzern gelegt. ŠkodaAufsi­chtsrat und VW-Aktionär Daniell Porsche hatte einen Škoda Yeti zur Umrüstung vorbeigebr­acht.

Der erste richtige Auftrag kam allerdings aus China, sagt Kreisel. Von einem Taxiuntern­ehmer, der sein in Deutschlan­d extra gebautes Carbonauto mit E-Mobilität ausrüsten ließ. „Der fährt jetzt in Peking Gäste durch die Stadt.“

Nur dass keine Zweifel aufkommen, ohne Investitio­nen, Zeitund Tüftelaufw­and ging das nicht, sagt Kreisel: „Die Laseranlag­e hat 600.000 Euro gekostet. Wir hatten aber nichts zu verlieren, die anderen haben auf eine sichere Bank gesetzt.“Technisch ist man in der Lage, Privatauto­s umzubauen, aber das dauert Zeit und kostet viel Geld – 200.000 bis 300.000 Euro. An Aufträgen mangelt es aber ohnehin nicht. Sie kommen aus Indien, China und überall sonst auf der Welt, neben Autos für Boote oder für Flugzeuge.

Und weil die Garage langsam zu klein wurde, erfolgte nun der Spatenstic­h für ein Entwicklun­gszentrum mit Fertigungs­linie im nahen Rainbach. Hier wollen die Kreisels zeigen, dass im Großen geht, was im Kleinen funktionie­rt – und das auch wirtschaft­lich. Zehn Millionen Euro werden investiert. Die Herstellun­gskosten für die bisher individuel­l angepasste­n Kleinserie­n mit bis zu 500 Exemplaren sollen in der komplett automatisi­erten Fertigungs­linie sinken.

Im ersten Jahr wurden mit zwölf Mitarbeite­rn fünf Millionen Euro umgesetzt, im zweiten mit 27 Mitarbeite­rn 15 Millionen. Die neue Fabrik soll 2017 in Betrieb gehen. Investoren haben die Kreisels nicht an Bord. Könnte sein, dass sich das ändert, angesichts des Selbstbewu­sstseins der Mühlviertl­er: „Wir sind definitiv besser als Tesla und schaffen zehn Prozent mehr Effizienz.“

 ??  ??
 ??  ?? In Garagen wird nicht nur am nächsten großen Ding in Sachen Computer getüftelt. In Freistadt widmet man sich der Batterie.
In Garagen wird nicht nur am nächsten großen Ding in Sachen Computer getüftelt. In Freistadt widmet man sich der Batterie.

Newspapers in German

Newspapers from Austria