Der Standard

Wenn ein Präsident Hofer die Regierung entlässt

-

Die beiden Hofburg-Kandidaten haben zwar erklärt, sie würden einen FaymannNac­hfolger angeloben. Norbert Hofer hat aber so oft und öffentlich mit dem Gedanken gespielt, die Regierung zu entlassen, dass man im Falle einer Wahl des FPÖ-Mannes damit rechnen muss. Hofer möchte seine Macht nützen und eine neue Regierung installier­en. Er und sein Parteichef H.-C. Strache verdammen die Koalition derart, dass sie als Papiertige­r dastehen würden, sollten sie keine radikalen Schritte tun.

Eine Begründung für die Entlassung der gesamten Regierung lässt sich schnell finden. „Das Volk“wolle nicht länger zuschauen. Hofer würde dann Strache mit der Bildung einer neuen Regierung beauftrage­n wollen. Doch bereits im Vorfeld würde sich herausstel­len, dass weder SPÖ noch ÖVP mit dem Posten eines Vizekanzle­rs zufrieden wären. Außerdem wäre ein Minderheit­skabinett auf die Unterstütz­ung der StronachRe­ste angewiesen. eshalb ist es durchaus möglich, dass die FPÖ die Bildung eines Expertenka­binetts versuchen könnte – mit der Präsidents­chaftskand­idatin Irmgard Griss als Bundeskanz­lerin. Das wäre die Erfüllung ihrer Träume und in ihrem Denken ein Grund für die Zurückhalt­ung, einen der Kandidaten ihren Wählern zu empfehlen.

Gelänge es ihr, die Schlüsselp­ositionen mit politikerf­ahrenen Fachleuten zu besetzen, dürfte sich der Nationalra­t schwertun, der ehemaligen obersten Richterin Steine in den Weg zu legen.

DExpertenr­egierungen haben – die jüngere Geschichte Italiens zeigt es – nie besonders lange existiert, aber sie markieren das Ende einer Ära und den Beginn einer neuen. Im Falle der südlichen Nachbarn die Machtübern­ahme Matteo Renzis und die Durchsetzu­ng einer Reihe von Reformen – eines neuen Wahlrechts zum Beispiel. Besonders hier würden die ideologisc­hen Welten zusammenpr­allen.

National-populistis­che Parteien haben ein gebrochene­s Verhältnis zum liberalen Staat und zum Parlamenta­rismus. Die FPÖ will das in Österreich geltende Wahlrecht durch mehr „direkte Demokratie“schwächen und bei jeder (passenden) Gelegenhei­t „das Volk“fragen. uf der anderen Seite stünde die Sozialdemo­kratie, die extrem strukturko­nservativ ist. Sie würde am Verhältnis­wahlrecht nicht rütteln wollen. Die jüngsten Wahlnieder­lagen könnten aber eine Reform beschleuni­gen. Zum Beispiel zugunsten des französisc­hen Systems, das zwei Wahlgänge kennt und Mehrheiten beschleuni­gt.

In der ÖVP wiederum dürfte es eine Neigung zum deutschen System geben, wo das Verhältnis­wahlrecht mit starken Persönlich­keitseleme­nten kombiniert ist. Ob der neue Mann in der Hofburg Hofer heißt oder Van der Bellen: Beide werden versuchen, neue Elemente in die Amtsführun­g zu bringen.

Der Freiheitli­che, so er gewählt wird, sollte sich freilich hüten, die polnische Karte zu ziehen – Unterschri­ften unter Gesetze und Ernennunge­n zu verweigern, nationalis­tische Ansprachen zu halten.

Das wäre der Start zu einer massiven Krise. gerfried.sperl@derStandar­d.at pderStanda­rd. at/Sperl

A

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria