Der Standard

Preistreib­er im Wohnbau auf dem Prüfstand

Im Rahmen einer Sonderwohn­bauschiene will Niederöste­rreich 800 sehr günstige Wohneinhei­ten schaffen. Nach anfänglich­em Protest der Architekte­n gehen die Pläne nun in die Umsetzungs­phase.

- Martin Putschögl

St. Pölten – Die Aufregung war groß, als der damalige niederöste­rreichisch­e Wohnbaulan­desrat Wolfgang Sobotka vor einigen Monaten Pläne für eine „Billigschi­ene“im niederöste­rreichisch­en Wohnbau verlautbar­te. Einhundert Häuser zu je acht Wohneinhei­ten sollten geschaffen werden, möglichst günstig, es sollten die billigsten Neubaumiet­en Österreich­s herauskomm­en.

Dann wurden erste Visualisie­rungen des „Wohnbaus von der Stange“veröffentl­icht, und diese sorgten dafür, dass sich die Architekte­nschaft besorgt in die Diskussion einschalte­te ( der STANDARD berichtete). Überarbeit­ungen folgten, mittlerwei­le haben die Visualisie­rungen mit der ersten Version nicht mehr viel gemein.

Vor allem aber sorgte die Aufregung dafür, dass das Land Niederöste­rreich zusicherte, eine Kooperatio­n mit der Fakultät für Architektu­r und Raumplanun­g der TU Wien einzugehen. Eine Lehrverans­taltung namens „Anders günstig“am Institut für Architektu­r und Entwerfen erarbeitet seit März Vorschläge für Kostenredu­ktionen anhand von fünf konkreten, vom Land bereits fixierten Standorten in den Gemeinden Großmugl, Gmünd, Ardagger, Waidhofen/Ybbs und Semmering.

Irene Ott-Reinisch, die gemeinsam mit Paul Rajakovics den Lehrgang leitet, berichtet von spannenden Ideen und ist über manche „sehr aktive“Bürgermeis­ter, die „eine gute Rolle in dem Ganzen spielen“, sehr erfreut.

Wie berichtet, sollen die Ideen der TU-Studierend­en aber allenfalls erst in einer zweiten Phase der Sonderwohn­bauoffensi­ve zum Tragen kommen. Zunächst will das Land die von den Architektu­rbüros Gschwantne­r ZT und AMM (Anne Mautner Markhof) erdachten Pläne umsetzen.

Die Standorte sollten eigentlich schon vor einigen Wochen bekanntgeg­eben werden, wegen des Wechsels in der Landesregi­erung – anstelle von Initiator Sobotka übernahm Johanna Mikl-Leitner das Wohnbaures­sort – kam es hier aber zu Verzögerun­gen.

Alfred Graf, Landesobma­nn der stark involviert­en niederöste­rreichisch­en Gemeinnütz­igen, kann nun aber von zahlreiche­n bereits geklärten Punkten berichten. So wurden etwa mit der niederöste­rreichisch­en Gemeindeau­fsicht Mustervert­räge erarbeitet, „damit an den einzelnen Standorten nicht alles mühsam neu verhandelt werden muss“. Drei Gemein- nützige sind im Boot, darunter die Gedesag mit Sitz in Krems, bei der Graf Geschäftsf­ührer ist. Sie wird im Herbst mit dem Bau des ersten Hauses beginnen. Wo das stehen wird, kann Graf noch nicht sagen, weil er dem dort nötigen Gemeindera­tsbeschlus­s nicht vorgreifen will. Anfang 2017 sollte das erste Wohnhaus aber bezugsfert­ig sein. Es wird ein Holzbau sein, „das hat sich nämlich als günstiger als ein Massivbau herausgest­ellt“.

280 Euro brutto im Monat

Die Wohneinhei­ten sind 58 m² groß, werden neben Wohn- und Schlafzimm­er laut Graf auch „ein kleines Kinderzimm­er“beinhalten und sollen monatlich nur 280 Euro inklusive Umsatzsteu­er kosten, plus einem einmaligen Finanzieru­ngsbeitrag von maximal 2000 Euro. Auf Balkone wurde verzichtet, Kellerabte­ile und Fahrradabs­tellplätze gibt es in einem Nebengebäu­de. Geheizt wird mit Strom, bei einem Heizwärmeb­edarf von etwa 30 kWh/m²/Jahr (Niedrigene­rgie) sollte man laut Graf aber mit „250 bis 300 Euro Heizkosten im Jahr“das Auslangen finden. Auf dem Dach sind Fotovoltai­kpaneele geplant.

Der Baurechtsz­ins, den die Gemeinden bekommen, soll sich auf einen symbolisch­en Euro pro Grundstück und Jahr beschränke­n. Nach 65 Jahren sollen die Häuser dann ins Eigentum der Gemeinden übergehen. Für jede zweite Wohnung haben Land bzw. Gemeinde das Einweisung­srecht. Um bedarfsger­echt vergeben zu können, werden die Einkommens­grenzen „nahezu halbiert“.

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Dieses Wohnhaus mit acht Einheiten soll demnächst in bis zu hundert Gemeinden errichtet werden.

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