ÖVP-Politiker schuldig
Bernd Schönegger, Nationalratsabgeordneter und Geschäftsführer der ÖVP Graz, wurde im Telekom-Verfahren wegen Parteienfinanzierung verurteilt. Rudolf Fischer, Ex-Telekom-Manager, wurde freigesprochen.
Der Grazer ÖVP-Chef Bernd Schönegger erhielt im Telekom-Prozess eine bedingte Haftstrafe – nicht rechtskräftig.
Wien – Schuldspruch für ÖVP-Nationalratsabgeordneten Bernd Schönegger im Telekom-Verfahren rund um den Vorwurf der illegalen Parteienfinanzierung (120.000 Euro). Am Dienstag sprach ein Schöffensenat des Straflandesgerichts Wien den Mandatar und Geschäftsführer der ÖVP Graz der Beihilfe zur Untreue schuldig. Er bekam neun Monate Haft, die ihm unter Setzung einer dreijährigen Probezeit bedingt nachgesehen wurden.
Michael Fischer, einst ÖVPMitarbeiter und später Public-Affairs-Chef der Telekom (TA), bekam drei Monate bedingt, die in die Sache verwickelte Grazer Agenturchefin wegen Beihilfe zur Untreue und Begünstigung neun Monate auf Bewährung. Freigesprochen wurden die beiden Chefs der TA-Tochter Etel und ExTA-Festnetzchef Rudolf Fischer. Bei ihm ging der Senat davon aus, dass er „jemandem in der ÖVP“120.000 Euro „mehr oder weniger zur freien Verfügung“versprochen hatte. Es gebe jedoch „keine ausreichenden Beweise“, dass Fischer dabei an eine „verdeckte Finanzierung“und nicht an ein erlaubtes, offizielles Sponsoring gedacht hatte, sagte Senatsvorsitzender Stefan Erdei bei der Urteilsverkündung. Bis zur Rechtskraft der Urteile gilt die Unschuldsvermutung.
So wie der erste Verhandlungstag im Verfahren hatte am Dienstag auch der letzte Verhandlungstag mit einer Überraschung begonnen. Kurz zur Erinnerung: Der ÖVP sollen für den Grazer Gemeinderatswahlkampf 2008 knapp 120.000 Euro von der TA zugeflossen sein, camoufliert durch die Scheinrechnung einer Grazer Werbeagentur. Sie habe der TA-Tochter Etel Rechnungen gelegt – ohne Gegenleistung (Untreue). Die angeklagte Werberin hatte am ersten Verhandlungstag im April ein Geständnis abgelegt. Die übrigen Angeklagten haben die Vorwürfe bis zuletzt bestritten. Die Werberin hat einen Teil des Schadens bei der TA gutgemacht; ihrem Antrag auf Diversion kam das Gericht nicht nach.
Die Frau entlastete im Verfahren ÖVP-Politiker Schönegger: Sie beteuerte bis zum Schluss, um das Geld für die Bundes-ÖVP und nicht für die Grazer gearbeitet zu haben. Genau diese Darstellung führte zur Überraschung am Urteilstag. Staatsanwalt Volkert Sackmann dehnte die Anklage gegen die Marktforscherin aus: auf versuchte Begünstigung (§ 299 Strafgesetzbuch). In seinen Augen hat die Grazerin durch ihre „wahrheitswidrigen Angaben“versucht, Schönegger und die Ex-TelekomManager Rudolf und Michael Fischer absichtlich der Verfolgung zu entziehen. Diesen Vorwurf wies die Angeklagte zurück – das Gericht glaubte ihr aber nicht.
„Etwas infam“
Die Werberin hatte ausgesagt, sie habe die Sache einst mit TA-Finanzchef Gernot Schieszler (heute Kronzeuge) ausgemacht, letztlich habe sie den Auftrag von Karl Bruckner erhalten. Eine Schilderung, die der Staatsanwalt in seinem Schlussplädoyer dann „etwas infam“nannte. Bruckner war Wirtschaftsprüfer der ÖVP und ist Mitte 2012 gestorben. Ihre Arbeit, eine österreichweite Marktforschungsumfrage, wollte die Angeklagte auch dem damaligen ÖVP-Generalsekretär Hannes Missethon gezeigt haben.
Er war denn auch der letzte Zeuge im Verfahren – konnte sich aber „nicht erinnern, ihr einen Auftrag gegeben zu haben oder daran, dass irgendeine Studie auf dem Tisch gelegen sei“. Die Werberin sei „in meinem Zeitraum“(Anfang 2008 bis November 2008) nicht für die Bundespartei tätig gewesen. Das versuchte die Angeklagte zu entkräften. Die Agentur habe 2007 immer wieder kleinere Beträge von der Bundes-ÖVP erhalten, etwa „für eine Art Familienaufstellung für Minister“. Ihre Schilderungen quittierte Richter Stefan Erdei trocken so: „Als Staatsbürger traut man der ÖVP so eine zentralistische Organisation gar nicht zu.“
Für den Anklagepunkt Begünstigung (Strafdrohung bis zu zwei Jahre) referierte der Staatsanwalt aus dem Ermittlungsakt. Aufs Tapet kam da ein abgehörtes Telefonat mit dem Nachbarn der Angeklagten. Geheimnisvolle Aussagen klärte die so auf: Die Passage „Ein wichtiger Termin noch, dann höre ich auf“habe sich auf ihr Vorhaben bezogen, das Rauchen aufzugeben.
Das Gericht folgte letztlich offenbar der Darstellung des Staatsanwalts, der in seinem Schlussplädoyer auf seine „psychologischen Erfahrungen“hingewiesen hatte. Dass die Angeklagte, die eigentlich „das kleinste Rädchen war“, bei ihrer und Schöneggers Aussage geweint hat, habe gezeigt, dass sie „mit einem inhaltlich falschen Geständnis Verantwortung tragen muss für all die hohen Herren hier“.