Respektieren und respektiert werden
Viktor Szilágyi, Österreichs herausragender Handballer, steht vor den letzten zwei Partien seiner Karriere. Der Gegner heißt Dänemark, und es geht um die WM-Qualifikation. Szilágyi will, was er immer wollte: Respekt zeigen, Respekt bekommen – und gewinnen
Wien – „Der Vater hat’s mir vorgelebt, und jetzt versuche ich, es meinen Kindern vorzuleben. Respekt zu haben, ist eine Grundvoraussetzung nicht nur im Sport, sondern für gutes Zusammenleben insgesamt.“Das Gespräch mit Viktor Szilágyi, dem langjährigen Kapitän des österreichischen Handballteams, findet am Rande einer Pressekonferenz und in der obersten Etage des Uniqa-Towers in Wien statt. Sponsor ist Sponsor, und oberste Etage ist dort, wo sich auch Szilágyi über weite Strecken seiner Karriere bewegt hat. Allein 16 Jahre spielte er in Deutschland, davon 15 erstklassig.
Szilágyi (37) hat gewonnen, was es zu gewinnen gab. Er ist der einzige Handballer, der alle drei großen Europacups holte – Champions League (mit Kiel), Cup der Pokalsieger (mit Gummersbach und Flensburg-Handewitt) sowie EHF-Cup (mit Essen und Gummersbach). In Deutschland war er dreimal Meister und zweimal Pokalsieger, jeweils mit Kiel. Für Österreich hat Szilágyi in 201 Spielen 898 Tore erzielt.
Der gebürtige Budapester war als Sechsjähriger mit seinem Vater, der 200 Mal für Ungarn spielte, nach St. Pölten übersiedelt, wo István Szilágyi den Spielertrainer gab. Nun steht Viktor vor dem 202. und dem 203. Länderspiel, es werden seine letzten Auftritte als Handballer sein. Die deutsche Liga ist bereits beendet, beim Bergischen HC, den er 2013 in die erste Liga geführt hatte, übersiedelt Szilágyi nun in die sportliche Leitung. Die letzte Aufgabe, die im Nationalteam auf ihn zukommt, könnte schwieriger nicht sein. Am Sonntag auswärts sowie am Mittwoch (15. Juni) in der Kagraner Schultz-Halle geht es im Playoff um die Qualifikation für die WMEndrunde 2017.
Österreichs Gegner Dänemark ist eine der großen Handballnationen. In Dänemark gibt es 165.000 Handballer, der Verband hat ein Budget von 40 Millionen Euro und 40 hauptberufliche Mitarbeiter. Österreich? 22.000 Handballer, 2,5 bis 2,7 Millionen Euro Budget, neun hauptberufliche Mitarbeiter. „Die schwierigen, großen Aufgaben sind die schönsten“, sagt Szilágyi. „Wenn der Gegner besser ist, werden wir ihm gratulieren. Als Sportler musst du es hassen zu verlieren. Aber du musst auch Niederlagen akzeptieren können.“
Respektlosigkeiten
Die eine Saison in der zweiten deutschen Liga, sagt Szilágyi, sei manchmal kompliziert gewesen. Da kamen relativ viele Respektlosigkeiten vor. „Umso größer die Klasse der Spieler ist, umso größer ist auch der Respekt voreinander.“Weiter unten steigt die Anzahl jener Spieler, die „über andere Wege zum Erfolg kommen wollen. Kurzfristig gelingt das auch manchmal“, sagt Szilágyi. „Aber das sind halt Spielern, die nie in ein Natio- nalteam kommen und nie großen Titel gewinnen können.“
Natürlich kann man sich täuschen, auch Szilágyis Karriere ist lange genug für den einen oder anderen Irrtum. „Ich hab ja einige Vereinswechsel hinter mir, da sind frühere Gegenspieler plötzlich zu Mitspielern geworden. Und da war ich manchmal wirklich überrascht.“Überspitzt formuliert hat sich der eine oder andere vermeintliche Ungustl als durchaus sympathisch herausgestellt. Viele, aber nicht alle verhalten sich im Leben ähnlich wie im Sport. Szilágyi ist auch nicht mit jedem Klub- oder Teamkollegen befreundet gewesen. „Es gibt welche, die ich auch privat oft und sehr gerne treffe. Andere hab ich nie getroffen, obwohl wir uns auf dem Spielfeld vielleicht blendend verstanden haben.“
Die Dänen, von denen Szilágyi viele aus der deutschen Liga kennt, sind klarerweise Favorit. Österreichs isländischer Teamchef Patrekur Jóhannesson hat aber „einen Plan“. Szilágyi will bei der Umsetzung helfen. Er will Respekt zeigen, er will Respekt bekommen. Und er will gewinnen, wie er es immer wollte.