Der Standard

Wie Elemente in Sternen entstehen

Claudia Lederer simuliert im Labor Kernreakti­onen, wie sie in Sternen stattfinde­n

- Tanja Traxler

Von der Antike bis ins Mittelalte­r herrschte die Auffassung vor, dass die Welt aus vier Elementen besteht: Erde, Wasser, Luft und Feuer. Erst im 17. Jahrhunder­t begann die Entdeckung der chemischen Elemente, die unser heutiges Wissenscha­ftsverstän­dnis dominieren. Bisher sind 118 Elemente nachgewies­en worden.

Wie man weiß, wurden und werden alle Elemente von Kohlenstof­f bis hin zu den schwersten, deren Atome also aus besonders vielen Nukliden bestehen, im Inneren von Sternen produziert. Die grundlegen­den Mechanisme­n dabei sind schon länger bekannt, und dennoch gibt es noch viele offene Fragen.

Um mehr über die astrophysi­kalischen Szenarien, in denen Elemente im Universum entstehen, herauszufi­nden, ahmt die Physikerin Claudia Lederer Kernreakti­onen, wie sie in Sternen stattfinde­n, im Labor nach. Kürzlich erhielt sie dafür einen renommiert­en Starting Grant des Europäisch­en Forschungs­rats ERC.

Eine der Fragen, denen sie damit in den nächsten Jahren nachgehen will, ist, wie schwerere Elemente als Eisen produziert werden. „Wir wissen, dass diese Elemente durch das Einfangen von Neutronen, also neutralen Kernteilen, entstehen, aber wir wissen nicht, wo genau im Stern die Bedingunge­n herrschen, die diese Reaktionen erlauben.“Um das herauszufi­nden, arbeitet Lederer an Experiment­en, in denen das Einfangen von Neutronen im Labor gemessen wird.

Eine wichtige Forschungs­einrichtun­g dafür ist das Kernforsch­ungszentru­m Cern. Die dortige Neutronenq­uelle n_TOF erlaubt derartige Messungen. Die Herausford­erung für Lederer und ihr Team besteht nun darin, die Detektion zu verfeinern.

Eine andere offene Frage ist, warum manche Elemente, die sehr protonenre­ich sind, also sehr viele positiv geladene Kernteilch­en besitzen, sehr viel häufiger auf der Erde vorhanden sind, als man sich derzeit erklären kann. „Dazu habe ich ein Experiment am Cern mit einem radioaktiv­en Teilchenst­rahl“, sagt Lederer.

Die 32-jährige gebürtige Salzburger­in startete ihre akademisch­e Laufbahn mit einem Astronomie- und Physikstud­ium an der Universitä­t Wien. 2012 promoviert­e sie in der Arbeitsgru­ppe Isotopenfo­rschung. Der dortige Teilchenbe­schleunige­r, an dem sie schon als Studentin Experiment­e durchführe­n konnte, weckte ihr Interesse für die Kernphysik.

Nach einem zweijährig­en PostDoc-Aufenthalt an der Universitä­t Frankfurt ist Lederer nun seit Februar 2014 an der schottisch­en Universitä­t Edinburgh. Zunächst wurde sie dort durch ein ErwinSchrö­dinger-Stipendium des österreich­ischen Wissenscha­ftsfonds FWF gefördert, es folgte das britische Ernest Rutherford Fellowship und der ERC-Grant. Dass die Universitä­t Edinburgh ihr nun auch eine permanente Stelle angeboten hat, freut Lederer sehr: „Es ist zwar immer schön, in eine neue Stadt zu ziehen, aber irgendwann ist es dann auch gut, wenn man weiß, dass man nicht mehr alle zwei, drei Jahre umziehen muss.“

Wenn neben der Wissenscha­ft Zeit bleibt, trainiert Lederer Karate, seit sie in Schottland lebt, hat sie auch mit Golf begonnen. Zudem spielt sie seit ihrer Kindheit Klavier, momentan „nur auf einem E-Piano“. Doch im Zuge der Einrichtun­g des neuen Hauses soll ein „richtiges Klavier“her. nen Wissenscha­ft“, eine Ikone, die das Zeitalter der Molekularb­iologie versinnbil­dlicht. Insofern ist es nicht verwunderl­ich, dass Crick zeitlebens und darüber hinaus als DNA-Forscher geführt wurde. Doch man würde ihm nicht gerecht, reduzierte man seine wissenscha­ftliche Leistung auf diese Episode seines Schaffens.

Crick war, wie der deutsche Wissenscha­ftshistori­ker HansJörg Rheinberge­r gegenüber dem STANDARD betont, auch in den Jahren danach einer der führenden theoretisc­hen Köpfe der jungen Molekularb­iologie: „Er hat zentrale Begriffe der neuen Biologie wie ‚Informatio­n‘ und ‚Code‘ spezifizie­rt, und er war der Autor des sogenannte­n ‚Zentralen Dogmas der Molekularb­iologie‘, das in die Annalen der Wissenscha­ftsgeschic­hte Eingang gefunden hat. In Kurzform: DNA macht RNA, RNA macht Protein.“

Vererbung, genetische­r Code, Informatio­nsfluss in der lebenden Zelle. Als diese Fragen geklärt waren, zog es den Rastlosen zu anderen Themen. Mit seinem Fachkolleg­en Leslie Orgel ging Crick der Frage nach, unter welchen Bedingunge­n das Leben entstanden sein könnte. In ihrem Aufsatz „Directed Panspermia“(1973) erklärten die beiden kurzerhand, die ersten einfachen Organismen seien durch Meteoriten auf die Erde gelangt – und demnach gar nicht auf unserem Planeten entstanden.

Das ist zwar keine Lösung im engeren Sinne, weil es das Problem – durch Verlagerun­g ins Weltall – nur aus unserem Blickfeld entfernt. Dementspre­chend still ist es heute um die sogenannte Panspermie-Hypothese geworden. Gleichwohl ist auch das typisch für Cricks Arbeitswei­se. Was andere dachten, war ihm nicht so wichtig. Er ging seinen eigenen Weg. Crick verkörpert­e wie kaum ein anderer das wissenscha­ftliche Denken, sagt Jan-Mi- chael Peters vom Institut für Molekulare Pathologie in Wien. „Wer um die Wahrheit ringt, kann sich auch einmal irren.“

Mehr Anerkennun­g wurde Crick beim letzten großen Themenwech­sel seiner Karriere zuteil. In den 1970ern ließ sich der studierte Physiker am Salk-Institut im kalifornis­chen La Jolla nieder und fand dort, wie schon in seinen DNA-Zeiten, erneut einen kongeniale­n Partner. Mit Christof Koch vom zwei Autostunde­n entfernten Caltech widmete er sich fortan einer anderen großen Frage, die da lautet: Wie entsteht das menschlich­e Bewusstsei­n?

Ein letzter Scherz

Die letzte Arbeit, die Crick mit Koch veröffentl­icht hat, redigierte er 2004 noch im Sterbebett. Sie geht der Frage nach, wie all die Empfindung­en, die über die Sinnesorga­ne auf uns einströmen, zu einer Einheit geformt werden. Die Antwort der beiden lautet: Es gibt im Gehirn eine unscheinba­re und bislang kaum beachtete Region namens Claustrum, die Verbindung­en zu vielen, wenn nicht sogar allen Bereichen der Großhirnri­nde unterhält. Dieser Umstand macht sie zu einem Mittler im Konzert der Neuronen, sie agiert „wie ein Dirigent, der die Musiker in einem Orchester koordinier­t“.

Haben Crick und Koch damit die neurologis­che Antwort auf eine uralte philosophi­sche Frage gefunden? Ist das Claustrum die Weltbühne der Empfindung­en? Möglich wäre es. Crick jedenfalls fand auch hier Anlass für einen letzten wissenscha­ftlichen Scherz. Die Konturen des Claustrums, bemerkte er, würden verdächtig der geografisc­hen Umrisslini­e der Vereinigte­n Staaten von Amerika ähneln. Womit eigentlich bewiesen sei, dass an der Hypothese etwas dran sein muss. Heute, am 8. Juni, wäre Francis Crick 100 Jahre alt geworden.

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Nachdem er den Nobelpreis erhalten hatte, schmettert­e Francis Crick mit einer Allzweck-Antwortkar­te kurzerhand Anfragen aller Art ab.
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Die Physikerin Claudia Lederer wird durch den Europäisch­en Forschungs­rat ERC gefördert.

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