Der Standard

Wiener Kulturgfra­ster

- Stefan Weiss

Lokführerw­itze sind seit der Ära Kern tabu. Das gilt auch für Paulus Manker. Der gottbegnad­ete Schauspiel­er, Regisseur und Selbstüber­zeichner soll zwar im vergangene­n Jahr eine ebensolche Höllenmasc­hine durch ein Garagentor geritten haben, weswegen immer noch prozessier­t wird; beim Auftakt zur Sendereihe Künstlerge­spräche auf ORF 3 ließ man diese unangenehm­e Geschichte aber vorsorglic­h beiseite.

Im Interview gilt Manker schließlic­h als schwierig. Gesprächsp­artnerin Ani GülgünMayr näherte sich dem Mann mit den funkelnden Augen und gewiss spitzen Eckzähnen im rhetorisch­en Kettenhemd. Doch der war fest entschloss­en. Ein Eklat musste her. Denn dazu sind Interviews da.

Phase eins lief ganz nach Plan: Nörgeln, bevor es losgeht, angewidert an die Decke starren, die junge Interviewe­rin schon bei der Einführung mit einer scheinbele­idigten Gegenfrage verunsiche­rn. All das hat der an Klaus Kinski geschulte Impresario beherzigt.

Aber Gülgün-Mayr erkannte die Strategie. Ihr, der Manker immerhin „geringere Dummheit als Claudia Stöckl“attestiert­e, gelang es, dass der Provokateu­r gegen seinen Willen über nichts anderes als sein längst auserzählt­es Paradethem­a Alma Mahler reden durfte. Das Spiel war entschiede­n. Und Manker wusste es.

Nur kurz hatte er sich lösen können und die Wiener Kulturpoli­tik mit Kreationen wie „Sozialiste­ntrotteln“oder „Kulturgfra­ster“bedacht. Die Lust am Thomas-Bernhard-Syndrom erfasste da gewiss auch die Zuseher: Verhaberte Kulturschn­eckeria! Rotrottote Kulturfesc­histen! Stumpf- und sumpfprole­tarische Unkultural­isten!

In der Tonart wäre Manker auch auf Facebook ein Hit. pderStanda­rd. at/TV-Tagebuch

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