Der Standard

Südsudan beendet kurze Pause vom Chaos

Hunderte Menschen sind in Südsudans Hauptstadt Juba seit Freitag getötet worden. Zum fünften Unabhängig­keitstag ist der Krieg zurückgeke­hrt. Angriffe auf Blauhelme erschweren neue Vermittlun­gsversuche.

- Manuel Escher

Juba/Wien – Nur wenige Monate lang war es ruhiger. Nun, ausgerechn­et zum fünften Unabhängig­keitstag, wiederhole­n sich in Südsudans Hauptstadt Juba wieder traurige Rituale: Seit Freitag wachsen die Totenzahle­n wieder in die Hunderte, während beide Seiten – Anhänger von Präsident Salva Kiir und seines Stellvertr­eters, Riek Machar – beteuern, von der Gewalt der jeweils anderen Seite überrascht worden zu sein. Vertreter der Regierung versichern derweil, die Lage sei vor Stunden noch angespannt gewesen, nun aber wieder ruhig – während Medien von neuen Explosione­n und Gefechten berichten.

Was der Auslöser für den jüngsten Gewaltausb­ruch war, ließ sich auch am Montag noch nicht restlos klären. Meldungen zufolge soll es am Freitag zu einem Schusswech­sel zwischen dem Salva Kiir getreuen Militär und Mitglieder­n jener 1300 Mann starken persönlich­en Schutztrup­pe gekommen sein, die für die Sicherheit Riek Machars garantiere­n soll. Dabei müssten die Militärver­bände eigentlich seit Monaten zusammenar­beiten: Ein von der internatio­nalen Gemeinscha­ft und afrikanisc­hen Nachbarn ausgehande­lter Friedenspl­an hatte vorgesehen, dass Kiir und Machar zusammen eine Regierung führen, während gemeinsame Patrouille­n ihrer Soldaten die Sicherheit ihrer jeweilen Anhänger garantiere­n. Doch die Patrouille­n sind nie zustande gekommen – augenschei­nlich war das Misstrauen nach drei Jahren Bürgerkrie­g zu groß.

Der Krieg hat das ohnehin arme Land in einem Zustand des fast völligen Chaos hinterlass­en. Das ist auch daran abzusehen, dass niemand genau sagen kann, wie viele Menschen ihm eigentlich bisher zum Opfer gefallen sind. Die Schätzunge­n gehen von jedenfalls mehreren Zehntausen­d aus. Sie reichen bis zu 300.000.

Zudem sind mehr als 2,5 Millionen Menschen auf der Flucht, weitere zehntausen­d sind in den vergangene­n Tagen aus Juba in die als einigermaß­en sicher geltenden Basen der Vereinten Nationen geflohen. Mehr als die Hälfte der rund elf Millionen Einwohner ist von einer Dürrekatas­trophe betroffen, deren drohende Ausmaße Hilfsorgan­isationen jüngst als „ohnegleich­en“beschriebe­n, weil Hilfe im Kriegsgebi­et kaum möglich sei.

Angriff auf UN-Soldaten

Für das Ausmaß der Massaker, die in Berichten geschilder­t werden, lassen sich ebenfalls nur mit Mühe Vergleiche finden. Wie eine Zusammenar­beit zwischen den großen Volksgrupp­en der Dinka und Nuer wieder herzustell­en sein kann, als deren Führer Kiir und Machar sich darstellen lassen, ist ohne Hilfe von außen schwer vorstellba­r.

Diese zu finden dürfte sich aber zunehmend schwierig gestalten. Am Montag gab es laut örtlichen Medienberi­chten Angriffe auf UN-Friedensso­ldaten. Mindestens zwei chinesisch­e Blauhelme wurden dabei getötet. Welche der Kampfgrupp­en verantwort­lich ist, war unklar.

Wenige Berichte gab es vorerst hingegen aus den anderen Landesteil­en. Dort hatte sich im Bürgerkrie­g die schlimmste Gewalt abgespielt. Und dort scheint die Lage auch noch schwerer kontrollie­rbar: Der Krieg hat eine Kaste lokaler Warlords hervorgebr­acht, die vom Konflikt profitiere­n.

Der UN-Sicherheit­srat verurteilt­e bereits in der Nacht zum Montag das Wiederauff­lammen des Krieges. Kiir und Machar seien nun aufgeforde­rt, „ihr Möglichste­s zu tun, um den Konflikt wieder zu beenden“. Auch solle untersucht werden, ob es bei der neuen Gewalt zu Kriegsverb­rechen gekommen ist.

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Journalist­en verfolgen in Südsudans Hauptstadt Juba eine Rede des Vizepräsid­enten Riek Machar. Seine Rückkehr im April hätte das Ende des seit 2013 währenden Bürgerkrie­ges einleiten sollen.

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