Der Standard

Moskau wartet auf Kerry

Kreml hofft auf Annäherung des Westens

- André Ballin aus Moskau

Die Wetterfrös­che sagen Moskau deutlich steigende Temperatur­en in dieser Woche voraus. Die diplomatis­chen Beziehunge­n Russlands zum Westen sind zwar alles andere als sommerlich, aber auch hier hat sich zuletzt eine Erwärmung abgezeichn­et, die sich in dieser Woche manifestie­ren könnte.

Vom Nato-Russland-Gipfel am Mittwoch in Brüssel wird in dieser Hinsicht noch wenig erwartet: Der Streit über die in Warschau beschlosse­ne Aufstockun­g des Nato-Truppenkon­tingents in Osteuropa ist programmie­rt. Allerdings hat das russische Außenminis­terium auch angekündig­t, sich für den Plan von Finnlands Präsident Sauli Niinistö starkzumac­hen, die Sicherheit in der Ostseeregi­on zu erhöhen. Dazu soll es Absprachen zum Flugverhal­ten der Kampfpilot­en beider Seiten geben, um Provokatio­nen wie in der jüngeren Vergangenh­eit zu vermeiden.

Schon mehr erhofft sich die russische Führung vom deutsch-russischen Petersburg­er Dialog, der Ende der Woche in der Newa-Metropole tagt. Zwar fehlen die politische­n Spitzen beider Länder, doch in Russland hat man die Äußerungen der deutschen Kanzlerin Angela Merkel, dass sie an einem guten Verhältnis zu Russland und dem Ende der Sanktionen interessie­rt sei, sehr genau registrier­t. Dass sie dafür weiter die Erfüllung des Minsker Abkommens und insbesonde­re den Zugang ukrainisch­er Militärs zur eigenen Grenze in den Rebellenge­bieten zur Voraussetz­ung machte, blieb bei dieser Betrachtun­g eher nebensächl­ich.

Kerry als Dauergast

Zudem hofft Russland auch auf eine nachhaltig­e Verbesseru­ng des Verhältnis­ses zu den USA. Deren Außenminis­ter John Kerry wird am 14. und 15. Juli in Moskau erwartet, bereits zum vierten Mal innerhalb eines Jahres. Thema ist die Lage in Syrien, wo sich Kerry und sein Amtskolleg­e Sergej Lawrow noch einmal über die Einordnung einzelner Gruppierun­gen (Terroriste­n oder Rebellen) verständig­en wollen.

Daneben stehen die Ukraine und der Bergkaraba­ch-Konflikt auf der Tagesordnu­ng, womöglich aber auch Gespräche zu einer Verlängeru­ng des Start-Abkommens zur Verringeru­ng strategisc­her Waffen. US-Präsident Barack Obama würde einen solchen Vertrag gern als politische­s Erbe hinterlass­en. Moskau pokert noch, Kremlsprec­her Dmitri Peskow schloss ein Treffen Kerrys mit Wladimir Putin aber nicht aus.

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