Rotes Hofburg-Dilemma bei der Asylobergrenze
Im heurigen Jahr wurden bisher 22.135 für die Obergrenze relevante Verfahren gezählt. Damit diese nicht erreicht wird, ist eine Notverordnung geplant. Das könnte im Herbst der Fall sein. Die SPÖ befürchtet eine Debatte im Bundespräsidentenwahlkampf.
Wien – Am Donnerstag wird der nächste Versuch unternommen, die Ungarn an Bord zu holen. Verteidigungsminister Hans Jörg Doskozil (SPÖ) und Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) treffen in Ungarn mit ihren Amtskollegen zusammen, um die weitere Vorgangsweise beim Flüchtlingsthema zu besprechen.
Auf der Wunschliste der Österreicher steht neben der gemeinsamen Grenzsicherung an der ungarisch-serbischen Außengrenze vor allem ein Punkt, der für die innerösterreichische Diskussion über die Asylobergrenze von essenzieller Bedeutung ist: Kann man Ungarn überzeugen, Flüchtlinge, die nach Österreich wollen, zurückzunehmen?
Wirkungsloses Papier
Nur wenn diese Frage geklärt sei, könne die sogenannte Asylnotverordnung – eigentlich heißt sie Verordnung zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung – in Kraft gesetzt werden, bekräftigte Doskozil am Dienstag vor dem Ministerrat. Mit der Verordnung würde nämlich das Stellen von Asylanträgen deutlich erschwert. Spielen die Ungarn bei der Rücknahme nicht mit, bliebe das Papier aber wohl wirkungslos. Dass bereits am Donnerstag ein Kompromiss erzielt werden kann, wird in Regierungskreisen be- zweifelt. Man hofft aber zumindest auf Bewegung.
Sobotka macht jedenfalls seit Wochen dahingehend Druck, rasch einen Entwurf für die Verordnung vorzulegen. Die neuesten Zahlen des Innenministeriums: Insgesamt gab es heuer 25.691 Asylansuchen. 22.135 davon werden auf die Obergrenze von 37.500 Verfahren angerechnet.
Angesichts der Lage am Arbeitsmarkt sei es aber bereits jetzt „mehr als geboten, alle Maßnahmen zu setzen“, sagte Sobotka. Der Jobmarkt in Wien sei nicht nur angespannt, „sondern überspannt“.
Kritisiert wurde vom Innenminister vor allem Sozialminister Alois Stöger (SPÖ), weil dieser noch immer kein Zahlenmaterial für die Verordnung vorgelegt habe. Zur Erklärung: In dieser muss erläutert werden, warum in den verschiedenen Sektoren wie Sicherheit, Arbeitsmarkt, Wohnungsmarkt oder Bildung die öffentliche Ordnung gefährdet ist.
Auch wenn Verteidigungsminister Doskozil in der Sache keine großen Differenzen mit dem Koalitionspartner sieht, gibt es in der SPÖ noch immer Vertreter, die keine Notdebatte führen wollen. Allerdings wird das Thema längst auch aus strategischer Sicht diskutiert. Sobald ein Verordnungsentwurf vorliegt, muss dieser einer öffentlichen Begutachtung unterzogen werden. Das dauert ein paar Wochen, danach ist eine Abstimmung im Hauptausschuss des Nationalrats geplant.
Wird ein erster Entwurf erst im September vorgelegt, fiele die Diskussion also mitten in die heiße Phase des Bundespräsidentschaftswahlkampfs und könnte somit dem FPÖ-Kandidaten Norbert Hofer nützen, wie so mancher Rote befürchtet. Das Thema bis nach der Hofburgwahl am 2. Oktober aufzuschieben könnte aber mit dem Koalitionspartner schwierig werden. Denn wie es Sobotka am Dienstag neuerlich formulierte: „Ich hoffe, dass wir das so schnell wie möglich erledigen können.“