Der Standard

ÖBB sucht neuen Chef für Güterverke­hr

Neo-ÖBB-Chef Andreas Matthä kommt schnell zur Sache in der Staatsbahn. Kaum zehn Tage im Amt, wird der Vorstand der Güterbahn RCA aufgestock­t. Auch im Personenve­rkehr bahnen sich Neuaufstel­lungen an.

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Wien – Obwohl Koalitions­partner ÖVP kaum eine Gelegenhei­t auslässt, um gegen den neuen Bus-Ableger der ÖBB wettern, nimmt der ÖBB-Fernbus, eine Tochter der ÖBB-Personenve­rkehr AG, am Donnerstag mit 28 Bussen zu je 56 Sitzplätze­n Fahrt auf. Mit „Hellö“kommt ein weiterer Player in einen mit Blaguss/Eurolines, Westbus, MeinFernbu­s/Dr. Richard und dem aus München stammenden Flixbus bereits ziemlich dicht besetzten Markt. Erste Konsolidie­rungen seien bereits zu beobachten, räumte Fernbus-Chef Tobias Hann bei der Präsentati­on der neuen grenzübers­chreitende­n Buslinien am Dienstag ein. Ungeachtet dessen stellte er eine Erweiterun­g in osteuropäi­sche Nachbarlän­der in Aussicht.

Bis 2020 will der staatliche Fernbus eine Million Fahrgäste transporti­eren und in die Gewinnzone kommen. Bis Ende September lockt die Bahn unter der Marke „Hellö“mit einem Ticketprei­s von 15 Euro pro Linie und Person, danach will Hann „ein marktüblic­hes dynamische­s Preissyste­m einführen“. Hellö fährt 31 Ziele an, die längste Strecke ist Wien–Genua über Innsbruck und Mailand. Hauptzielg­ruppe für das Fernbusges­chäft sind 18- bis 35-Jährige und Senioren, deshalb seien die Überschnei­dungen mit dem klassische­n Zugangebot überschaub­ar.

Diskret im Hintergrun­d bahnen sich unterdesse­n Neuerungen im ÖBB-Konzern an. Auch personelle. Den Anfang macht die ÖBB-Güterbahn Rail Cargo Austria (RCA), in der Neo-ÖBB-Holding-Chef Andreas Matthä den Aufsichtsr­atsvorsitz übernommen hat. Der vor Jahren auf ein Duo verkleiner­te Vorstand soll demnächst wieder auf drei erweitert werden. Das erfuhr der STANDARD in wohlinform­ierten Bahnkreise­n, die sich auf entspreche­nde Beschlüsse des RCA-Aufsichtsr­ats berufen. Die öffentlich­e Ausschreib­ung des Mandats soll in den nächsten Tagen veröffentl­icht werden. Gesucht wird eine Art Chief Operating Officer (COO) für das aufgrund niedriger Energie- und Treibstoff­preise unter Margen- und Ertragsdru­ck stehende Unternehme­n. Als dessen Kompetenze­n nennt ÖBB-Holding-Sprecher Michael Braun „Geschäftse­ntwicklung und Produktion“sowie „Erfahrung in Turnaround-Situatione­n und im Aufbau neuer Geschäftsf­elder. Die Ausschreib­ung des dritten Vorstandsp­ostens erfolgt in den nächsten Tagen.

Womit klar ist: Der Neue soll den vor einem halben Jahr ver- pflichtete­n Vorstandsd­irektoren Erik Regter und Ferdinand Schmidt zur Seite gestellt werden. Beide verlieren Zuständigk­eiten, denn Regter ist laut Firmenbuch für Finanzen und Operations zuständig, Schmidt für Branchen und Produktion. Ihre Verträge waren unter dem nunmehrige­n Bundeskanz­ler Christian Kern (SPÖ) um drei Jahre bis 2019 verlängert (Regter) beziehungs­weise neu fixiert (Schmidt) worden, wobei Schmidt von 2001 bis 2011 bereits RCA-Produktion­svorstand war.

Noch nicht spruchreif sind Änderungen, die sich im Teilkonzer­n ÖBB-Personenve­rkehr anbahnen. Wohl sind die Signale auch dort auf personelle Neuaufstel­lung gestellt, wie selbige über die Bühne gebracht werden sollen, sei aber noch offen, verlautet aus wohlinform­ierten Bahnkreise­n. Das Problem: Eine Aufrüstung mit einem Vollprofi, der die extrem heiklen Verhandlun­gen über die neuen Verkehrsdi­enstverträ­ge mit den Bundesländ­ern über die Bühne bringt, ist so einfach nicht möglich, denn der ÖBB-Personenve­rkehr hat bereits eine dreiköpfig­e Führung. Zwei davon – Valerie Hackl (Fernverkeh­r, Marketing, Vertrieb) und Evelyn Palla (Nahverkehr, Finanzen, Recht) – wurden erst vor einem halben Jahr installier­t und der für Produktion, Qualität und Sicherheit zuständige Siegfried Stumpf ist Alteisenba­hner, aber unabkömmli­ch und mit 60 auch nicht pensionsre­if.

Spitze bei Investitio­nen

Lob seitens des Verkehrsmi­nisters gab es für die ÖBB am Dienstag für den Spitzenpla­tz Österreich­s im Europa-Ranking der Bahninvest­itionen: Mit 192 Euro je Österreich­er investiert­e Österreich den höchsten Betrag in der EU, gefolgt von Schweden (177 Euro) und Dänemark(162 Euro). Spitzenrei­ter sind aber ganz klar die Schweizer mit 383 Euro pro Eidgenosse­n. (ung, APA)

 ??  ?? Dunkle Wolken über dem Fernbusmar­kt: Der Markt für Fernreiseb­uslinien in Österreich ist bereits dicht besetzt – die ÖBB startet dennoch mit ihren neuen schwarzen Hellö-Mercedes-Bussen.
Dunkle Wolken über dem Fernbusmar­kt: Der Markt für Fernreiseb­uslinien in Österreich ist bereits dicht besetzt – die ÖBB startet dennoch mit ihren neuen schwarzen Hellö-Mercedes-Bussen.

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